2 VINCENT VAN GOGH. Als sein Name bekannt zu werden begann, war er längst tot. Bei seinen Lebzeiten hat niemand ausser den wenigen Freunden von ihm gewusst. Er selbst hat niemals den Versuch gemacht, hervorzutreten, oder gar seine Bilder zu verkaufen. Er signierte sie nicht einmal, setzte höchstens dann und wann seinen Vornamen darunter — wie unter einen Brief, und verschenkte sie. Von der Zukunft erhoffte er nichts — und als er fühlte, dass er am Ende war, ging er. Als der Doktor ihn mit der Kugel im Leibe fand und nach dem Warum fragte, zuckte er die Achseln. Sein Werk gibt ihm Recht. Wer die letzten Arbeiten aus Arles und Auvers-sur-Oise sieht, fühlt, dass der Mensch, der dieses schuf, auf der Höhe und am Ende war. Er hatte den Gipfel erreicht, gesagt, was er zu sagen hatte; so musste er gehen. Mit jedem Werke gab er ein Stück tiefsten Lebens, — immer brennender, konzentrierter, reicher, je weiter er kam; als er das letzte gegeben hatte, machte er ruhig, wissend, selber ein Ende. In der Tragik dieses Lebens liegt die Tragik aller Schaffenden. Van Gogh war nicht Maler in dem Sinne, dass er einen Ausschnitt der Sichtbarkeit des Daseins zu einem farbig formalen Organismus zu gestalten, Bilder zu machen strebte; er griff nach Stift und Farbe, um dem, was die Umwelt in ihm auslöste, einen immer klareren, immer einfacheren Ausdruck zu geben — um das glühend Gefühlte formend mitzuteilen. Er hatte begriffen, dass «die Kunst vom Menschen nur geschaffen worden ist, damit die Seelen sich über die Gesetzlichkeit der Welt (oder wie man es sonst gerade nennen will) unterhalten können und weil es keine andere Verständigungsmittel dafür gibt als eben die Kunst». Er hatte es zuerst auf allerhand anderen Wegen versucht, war Kunsthändler, Lehrer gewesen, als