11 IV. (Panneau IV—IX, Nr. 36-98.) Damals freilich war es mit der höchsten Blüthe der heimischen Glasmalerei bereits vorüber. Schon im letzten Viertel des XYI. Jahrhunderts hatte — sagen wir nicht eine Verwilderung — aber doch ein Verlassen der guten auf alter Erfahrung be gründeten Regeln begonnen. Verführt durch das Erbe eines hochentwickelten Könnens war man zu allen möglichen Künsteleien und technischen Kniffen übergegangen, die man besonders in der umfangreichen und virtuosen Verwendung der Schmelzfarben zu produciren liebte. Waren nun solche Töne, verglichen mit der Klarheit und Intensität der Ueberfanggläser, schon an und für sich zur kraftvollen Wirkung wenig geeignet, so ging die selbe noch mehr verloren, als im XVII. Jahrhundert der Stolz der Glasmaler immer mehr darauf gerichtet war, eine möglichst grosse Zahl von Farben auf einer und derselben Platte zu ver einigen (siehe die Nummern 42—46, 57, 76, 80, 85, 86 u. 97). Mag man daher diesen späteren Werken als technischen Leistungen ihre Bewunderung nicht versagen, mögen sie immer, was Zart heit des farbigen Auftrages, Feinheit der Zeichnung betrifft und Fleiss der Vollendung den Producten der älteren Kunst über legen sein, es war nicht zu vermeiden, dass die Töne im Feuer sich gegenseitig alterirten, und so statt der Gluth und Kraft, die den älteren Werken ihren specifischen Werth und Reiz ver leiht, eine trübe und oft recht disharmonische Wirkung entstand, für welche die Zeichnung, auch der tüchtigsten unserer damaligen Künstler: der Murer, Stimmer, Lindtmeyer und Meyer von Zürich nur einen mangelhaften Ersatz zu bieten im Stande ist. Uebrigens nahm auch der Stil der Zeichnung und der Compositionen an dem Verfalle Theil. Schon zu Ende des XVI. Jahrhunderts verschwinden die naiven und ansprechenden, wenn auch manchmal bizarren und gewaltthätigen Formen, mit denen die Renaissance in dem heimischen Kunsthandwerke sich eingeführt hatte. Es treten jetzt mehr und mehr bewusste An-