13
Scheiben aus dieser Spätzeit vor (das jüngste Beispiel in unserer
Sammlung ist die Nummer 107 vom Jahre 1702) so zeigen sie
eben nur, wie tief das Farbengefühl und das technische Können
gesunken waren. Bald sind die Töne trüb, verlaufen und
schmutzig, bald wieder, wie Grün, Blau und Roth, — für welche
letztere Farbe zuweilen noch Ueberfanggläser verwendet wurden, —
so schreiend und grell, dass sich die damit bemalten Theile
vollständig von ihrer Umgebung isoliren. Schaut man dazu die
Stillosigkeit der Ornamente und Wappen, die statt der Helm
decke eine Umgebung von Palmen, Guirlanden, Blümlein und
andern sentimentalen oder geschmacklosen Dingen zeigen, die
armseligen, schwachleibigen Thiere (siehe das Zürcherwappen
Nr. 99 von 1688), die Plumpheit und Nüchternheit der um
rahmenden Architekturen, so empfängt man in der That den
Eindruck eines vollständigen Bankerottes der Kunst.
Eine Gattung allein vermochte noch länger ihr Dasein zu
fristen: die Grisailm alerei, die vereinzelt schon früher be
trieben und jetzt die Hauptkunst dieser spätem Meister wurde.
Ihre Werke auf weissem Glase grau in Grau gemalt, wieder
holen anfänglich dieselben Motive, wie wir sie in den bunten
Schildereien gewahren. Bald aber emancipirte man sich von diesen
vorwiegend heraldischen Compositionen, indem man zur Nach
ahmung freierer Darstellungen in gleichzeitigen Kupferstichen,
Gemälden u. s. w. überging. Unsere Ausstellung vereinigt eine
stattliche Auswahl derartiger Werke, in dehen sich bis zur
Wende des XVII. und XYIII. Jahrhunderts noch eine kraft
volle Modellirung, fleissige Ausführung und eine respectable
Tüchtigkeit der Zeichner bewährt, bis die Mode auch diesen
Kunstzweig ausser Kurs erklärte und ihm damit die besten der
ausübenden Kräfte entzog. Die letzte Phase der Schweizer
Glasmalerei repräsentirt die Scheibe Nr. 128 vom Jahre 1771,
wo die Zeichnung, ein Wappen von zopfigem Unkraut umgeben,
einfach auf dem weissen Glase eingeschliffen ist. Sie stammt
aus Bern, wo dergleichen Werke bis Anfang dieses Jahrhunderts