gibt ihr leichtere Lesbarkeit. Dabei ist sie meist keineswegs „natur-
wahr‘ sondern gewählt und zusammengestellt nach ihrem abso-
Iuten Schmuck- und Ausdruckswert. Die reine Malerei, die nicht
mit unterlegter oder nachträglich präzisierender Zeichnung sich
behilft, tritt dort in die Reihe, wo dem Künstler das Licht auf den
Dingen wichtiger wird als die Dinge selber.
Wie zwischen Malerei und Zeichnung ungleich mehr Mischungen
aller Grade erscheinen als Beispiele für das reine erste oder zweite
Prinzip, so ist es noch weniger möglich, „absolute‘‘ Plastik zu
suchen. Wesentlich ist gegenüber Zeichnung und Malerei für die
Skulptur das Spiel der wölbenden und spannenden Kräfte in ihrer
Masse, und des Lichtes auf ihrer Form und Haut. Nun sind schon
Bronze, Gold und Marmor nicht nur Form sondern auch Farbe, und
wenn manche Zeiten die ursprüngliche Bemalung mittelalterlicher
Figuren als Verunreinigung der Form beseitigen, so tritt an ihre
Stelle nur die oft nicht weniger stark wirkende Naturfarbe und
Maserung von Holz und Stein. Viele Skulpturen sind auch zu allen
Zeiten eben so sehr auf Umriß und Linie in ihrem Ganzen und ihren
Teilen angelegt wie auf runde Form,
Vertiefung in den Reichtum und die Abwandlung der künstlerischen
Mittel in Zeichnung, Malerei und Plastik löst noch nicht die Frage
nach dem Grund und den Bedingungen für den wechselnden Ab-
stand der Werke von der „natürlichen‘‘ Erscheinung der Dinge.
Das Kunstwerk ist die Verwirklichung einer Vorstellung des Künst-
lers, für die ihm je nach ihrer Art und Absicht eher die unmittel-
baren Wahrnehmungen seines Auges oder aus innerer Anschauung
gewonnene vereinfachte Elemente dienen. Alle Werke der Aus-
stellung liegen an einem bestimmten Ort auf der Linie zwischen
Abbild und Sinnbild. „Klassische‘“ Kunst entsteht wohl dort, wo
Wahrnehmung und Vorstellung einander die Waage halten und
außerdem mit gleichwertiger, allergrößter Intensität am Werk be-
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