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mand etwas gefehen als feine Frau, die damals ein kleines Mäd=
lein war und die er - ein klein wenig auch - wegen ihres Mit»
willens geehlicht hatte. So kam vielleicht die Hälfte der Schuld
auf fie.
Das Mädlein war ein Jüngferlein geworden. Schmal und bleich
mit großen dunklen Augen, in denen immer die Frage zu
ftehen fchien: rparum fchauft du mich an ? Wenn fie angezogen
war, legte fie ihr Umtuch ins Dreieck, fchlugs um die Schultern,
band zrpei Zipfel davon kreuzweis um die Bruft und im Rücken
zufammen und ließ den dritten unter ihrem fchwarzen Haar
iPie ein braunrotes Wimpelchen flattern, ipenn fie mit rafchen
Schritten durch die Straßen ging. Das war die Frau Schleicher
und ipar früher die Jungfer Steiner geipefen und noch früher
das Steiner Miggeli. Aber das Umtuch war immer dasselbe.
Vor Jahren einmal ipar fie an einem fchönen Sonntag nach=
mittag durch die Wiefen gegangen und der Schneider hatte fleh
zu ihr gefeilt. Sie fah ihn gern, ipeil er ihr Schulkamerad ge=
wefen. Daß fie feine Frau werden ipürde, daran dachte fie nie.
Sie ließ ihre Träume nicht fo hoch fliegen. Darauf daß einmal
ein fcheu gewordenes Pferd durch die Straßen geraft und der
Gottlobli hinter dem Brunnenftock geftanden, hatte fie vergeffen,
und dachte jeßt, ipo der junge Schneider neben ihr durch die
Wiefen ging, erft recht nicht daran.
„Weißt du noch Miggeli?”
„Was denn?”
„Hedann, weißt beim Mohren?”
„Nichts weiß ich!”
„Der Wagen mit dem Gaul?”
„Was für ein Wagen?”
„Weißt doch, der wo wild geworden ilt!”
Miggli Steiner fah Gottlob Schleicher mit fonderbaren Augen
an. Was der für wunderliche Sachen berichtete.
„Da bin ich fchuld daran.”
Die Augen der Jungfer nahmen einen immer verwundeteren
Ausdruck an und wurden fo groß, wie der Schneider fie noch
nicht gefehen.
Oh läb, dachte er traurig, jeftt ift’s aus. Und er wußte nicht,
ob er da noch berichten folle, dann nahm er fleh ein Herz: