Full text: Gesellschaft, Künstler und Kommunismus

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Diese wenigen merken es schnell, daß sie in der Schale der 
Revolution mehr zu lernen als zu lehren haben. Enttäuschend für 
Leute, die sich an ein Milieu gewöhnt haben, in dem es als Tugend 
gilt, in sich verliebt zu sein. Mancher kehrt denn auch bald aus 
der „oberflächlichen Welt“ der politischen Revolutionäre zurück in 
die unergründlichen Tiefen des reinen Geistes, oder geht „noch 
weiter nach links“, wo Partei und Politik verblassen neben dem 
glühenden Antlitz des absoluten Revolutionärs (z. B. Rühle), — 
der bei Tageslicht besehen dem Sonntagsjäger gleicht, der schießt, 
damit die wilden Tiere kommen. Die wenigsten Künstler werden 
sich damit befreunden, ihr Tun und Denken bewußt und nüchtern 
in den Dienst einer Klasse zu stellen, deren höchstes Prinzip die 
Ueberwindung des egozentrischen Materialismus, des separa 
tistischen Individualismus ist. 
Von der Absicht zur Ausführung ist ein weiter Weg besonders 
dann, wenn alle Maße, die man besitzt, unbrauchbar geworden 
sind, wenn man, zu differenziert, um unreflektiv zu schaffen, die ge 
wöhnliche Art über die Dinge und über die Beziehungen des Da 
seins nachzudenken, umstoßen muß; wenn man seine gesamte Welt 
anschauung neu auf bauen, ja gewissermaßen das Denken neu er 
lernen muß. Es heißt diese Notwendigkeiten verkennen, wenn man 
glaubt, der Künstler könne als Kommunist sein Handwerk weiter 
treiben, etwa wie der Bäcker stets Brot backen wird, unabhängig 
davon, was er politisch denkt. Gerade weil der Künstler — 
ob er will oder nicht, ob es ihm schlecht geht oder gut 
— kein Proletarier ist, hat er ganz andere und wesentlichere 
Widerstände zu überwinden (um sich und vor allem in sich) 
als jener, damit er eine brauchbare Kraft im Befreiungs 
kampf der unterdrückten Klassen werde. Sein Weg zum Kom 
munismus hat zwei Phasen: die erste hat er durchlaufen, wenn er 
seinen Platz in der kommunistsichen Partei, seine Pflichten im 
Kampf gegen das Ausbeutertum, in der Solidarität mit den Ge 
nossen erkannt hat. Dieser Weg ist verhältnismäßig leicht zurück 
zulegen. Die zweite Phase setzt mit der Erkenntnis ein, daß die 
Fortsetzung seiner Berufstätigkeit in gewohnter Weise ähnlich un 
möglich ist, wie etwa für den kommunistischen Journalisten die 
Arbeit in einer bürgerlichen Redaktion. Die Kommunisten haben 
ihre Presse, der Journalist sieht also ohne weiteres einen Ausweg. 
Die Kommunisten haben aber (vor Eroberung der politischen 
Macht) weder Museen noch Bühnen, weder Zeit noch Geld. Der 
Künstler sieht daher keinen Ausweg; er fühlt sich plötzlich in der 
Luft hängen: für die Bourgeoisie kann er und will er nicht wie 
bisher arbeiten — das Proletariat ist psychisch und ökonomisch so
	        
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