Volltext: Der Ararat (1 (1920), 7)

Aber neue Maler tauchen auf, welche die 
Aufrichtigkeit in der Kunst predigen und für die 
die Sensibilität des Malers über den leichten Reiz 
des Dekorateurs herrschen soll- Das sind die Er 
kenntnisse, die M a t i s s e zur Bewunderung Rem- 
brandts, Courbets und Renoirs, P i c a s s o zu der 
Raphaels und Davids führen,- sie sind es denn 
auch, die einen Derain entdecken lassen, daß 
der Humanismus der Renaissance-Maler uns 
näher steht als die Scholastik der Primitiven. 
(Aus den „Lettres Parisiennes".) 
Bemerkungen der Redaktion: Die Unab- 
hängigen unter der Führung ihres Präsidenten Paul Signac 
sind mit 5000 Werken ins Grand Palais eingezögen (ihre 
Ausstellung i. J. 1914 hat 4000, die von 1911 7000 Nummern 
umfaßt). Die Pariser Kritik klagt über das Übermaß der 
Einsendungen, von denen viele in den dunklen Winkeln 
des Grand Palais gar nicht zur Geltung kommen. Ferner 
beanstandet man die Aufgabe des alten Systems der Grup- 
penzusammenfassung zugunsten eines freien Spiels der 
Gegensätze, so daß diesmal Kubistisches und Traditionelles 
sich oft auf einer Wand im wilden Durcheinander bekämpft. 
S i g n a c s „H afenvonMarseille" hält noch immer 
am mosaizierenden Pointillismus fest. Matisse, VuillarcL 
Flandrin, Dufy haben sich diesmal nicht beteiligt. Sehr 
stark ist das kubistische Aufgebot. Roger Marx rühmt die 
Leistungen der Führer, des Braque, G leizes, Juan 
Gris, Leger, bedauert aber das Treiben der kubistischen 
Nachtreter, deren Namen er verschweigt, um nur die Titel 
einiger ihrer Werke zu zitieren: Die mechanischen Kräfte 
der Liebe in Bewegung. Namenlose Maschine. Sehr 
seltenes Bild auf der Erde. Virginite en deplacement. 
Wenn das kaufkräftige Publikum, das gestern noch von 
der neuen Kunst nichts wissen wollte, heute mit Leiden 
schaft Werke radikaler Künstler erwirbt, so ist das eine 
Erscheinung, die in Deutschland ihr Analogon findet. 
% 
Dadaistische Urteile über französische 
Künstler. 
Braque, sensibel, ein wenig 18. Jhd., spa 
nischer Typ, sympathischer Mensch. 
Picasso, sehr 18. Jhd., muß sich sehr lang 
weilen, französischer Typ. 
Metzinger, nach außen großer Wille mo 
dern zu sein, könnte noch dazu kommen. (Ich 
habe zu früh ausgestellt, sagte er zu Louis 
Vauxelles.) 
Marcel Duchamp, intelligent, beschäftigt 
sich ein bißchen zu viel mit Frauen. 
Albert Gleizes, Haupt des Kubismus. 
TristanTzara, sehr intelligent, nicht genug 
Dada. 
Ribemont-Dessaignes, sehr intelligent, 
zu gut erzogen. 
Leger, Normanne, er erklärt, man müsse 
immer mit einem Fuß im Dreck stehen. 
Arp, Dein Platz ist in Paris. 
A n d r e B r e t o n, wir warten auf den Moment, 
wo er, hinreichend komprimiert, wie Dynamit 
explodieren wird. 
Louis Aragon, zu intelligent. 
Soupoult, ist ein verlorener Sohn. 
Paul Dermee, liebt die gute Gesellschaft. 
Pier r e» A1 b e r t B i r o t, voll natürlicher An 
lagen, wir raten ihm, nicht zu allein zu leben. 
R e v e r d y, macht mir den Eindruck, ein Ge- 
fängnisdir.ektor zu sein. 
Max Jacob, erklärt, daß sein Hinterer 
hysterisch ist. 
Francis Picabia, unmöglich für ihn zu 
begreifen, was sich zwischen Kalt und Warm 
ereignet. Wie der Ewige erklärt er, daß man 
die Lauwarmen ausspeien muß. 
Numero 11 
(Fevrier 1920) 
5 C Armee 
m' < 
RUSSLAND. 
Ilia Rjepin und die proletarische Kunst. 
Nachdem die Ideen der proletarischen Kultur 
und Kunst ihre erste experimentale Anwendung 
in Sowjetrußland erlebten, erweckten sie auch im 
deutschen und ausländischen Kunstleben ein leb 
haftes Interesse. Für die vielen Diskussionen, die 
dieses aktuelle Thema behandelten, ist durchaus 
charakteristisch: entweder die Überzeugung vom 
Aussterben der bürgerlichen Kultur, deren Lei 
chengift auch in die Kunst eingedrungen sei, 
die Überzeugung vom kommenden Kultur 
wechsel, den bereits die „gesunden Elemente“ 
der jungen Kunst verkündeten — oder eine 
schärfste Kritik der Ideologie und der Experi 
mente der „Proletkulten“, die eine unerhörte 
Verwilderung und eine Usurpation der Rechte 
der „echten“ Kunst bedeuteten. Zu den letzteren
	        
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