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Büste Helene Ritsdier. 1918. <Terrakotta>
es mit viel mehr Strenge zu sein,- und, während
bei den Franzosen die koloristischen Bemühe
ungen auf die äußerste Feinheit der Nuancen
hinzielen, bevorzugen die Deutschen kräftige
Kontraste. Selbst das Mittel der Malerei, das
man in unseren Ländern weich und sanft wünscht,
entborgt jenseits des Rheins seine Reflexe dem
Metall. Handelt es sich hier um eine physio
logische Eigentümlichkeit, um eine Charakter*
Wesentlichkeit der Rasse? Wahrscheinlich. Aber
man muß deshalb die germanische Zivili
sation im Namen unserer lateinischen Zivili
sation verurteilen. Denn — wiederhole ich
wenn man von diesen rein materiellen Unter*
schieden absieht, erscheinen die zwei mensch*
liehen Typen, welche sich im Westeuropa in die
Zonen des kulturellen Einflusses teilen, zutiefst
ähnlich,- beide sind derselben Entwicklung unter*
worfen.
Morgner ist ein deutscher Rouault, aber ge
waltsamer,- man wäre versucht, ihm Vulgarität
vorzuwerfen. Harta, ein starker Porträtist.
Tank, ein Cezannist, dem man wünschte, er
möchte in seinen etwas summarischen Land*
schäften besser Volumen und Licht verteilen.
Curten versucht, ohne uns dabei zu mißfallen,
Matisse gleichzukommen. Eine der entzückend*
sten Offenbarung des Salons ist für mich der
Aquarellist Hartmann, ein Bescheidener, der
Kraft besitzt, einen geschärften Sinn für Kom*
Position und die sehr seltenen Eigenschaften
eines Koloristen.