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zusammen komponierte,* alles was die Stadt
wünscht, findet sich in dieser um ein 5000 qm
großesWasserbassin hufeisenförmig gruppierten
Bauanlage vor, ohne daß einerseits tote Ein
schnitte, andererseits unruhige Ineinanderschach
telungen zu bemerken wären.
Was die Innenkonstruktion anbelangt, so
waren hier besonders die Wünsche des Haager
Gemeindemuseumleiters Dr. van Gelder maß
gebend. Er, der ein Feind des modernen nur
zu oft einem bloßen Stapelhause gleichenden
Museums ist und darauf hin arbeitet, aus Mu«
seen wieder Pflegstätten einer edlen Gemüts
kultur zu machen, legt darauf Wert, daß sich in
den Museumssälen die Menge der Besucher
nicht durch Lärm und Gedränge am Schauens-
genusse hindert, daß sich vielmehr ein jeder nach
Möglichkeit mit dem Bilde, das er betrachtet,
von der Mitwelt abschließen kann. Die hiermit
gestellte Aufgabe löst Berlage in der Weise,
daß er nicht große ineinander mündende Säle
anlegt, sondern lauter kleine Einzelräume, ge
wissermaßen Zellen oder Kojen, an denen ent
lang der Korridor für die Schaulustigen hinläuft.
Dieser Korridor ist mit Absicht nur gering be*
lichtet,* das von oben, seitwärts einfallende Licht
ergießt sich lediglich in die Zellengemächer, so
daß der Besucher, vom Dunklen ins Helle blik*
kend, und ohne daß ihm die Helligkeit etwa
blendete, den schönsten und optisch bequemsten
Anblick der ausgestellten Kunstwerke gewinnen
kann. Viel wäre noch über den großen, tempel
artigen Mittelraum zu sagen, der sich an dem
Punkte erhebt, wo die beiden Arme des Huf*
eisens sich vereinigen,* er beherrscht die ganze
Bauanlage äußerlich durch dieHöhe seines runden
Kuppeldaches und er beherrscht sie innerlich
durch die Harmonie, durch die edle Gewölbe*
form seiner Wände, Pfeiler, Nischen, Pforten.
Es krönt sich in ihm der Geist, welcher sicht*
barlich die gesamte Bauschöpfung erdacht hat
und durch waltet, einGeist der Freiheit und Sach*
lichkeit, des Billigkeitssinnes und Weltbürger*
tums. Keine Anleihe sieht man hier bei der
Vergangenheit gemacht, kein unnützes Schnör*
kelwerk drängt sich vor, keine Sucht nach irgend
einer besonderen engvaterländischen Stilgebung
führt das Wort, sondern alles wiegt sich gediegen
und erdenfest im Lichte klarer, geläuterter, über*
legener Vernünftigkeit. Ein Stück Holländer*
tum fand in dieser Bauleistung ihr Gleichnis,
das als das allerbeste und wertvollste ange*
sprochen werden darf.
Im Haag. F. M. Huebner.
Anmerkung der Red.: H. P. Berlage hat schon eine
Reihe momumentaler Bauaufgaben gelöst/ so z. B. die
Amsterdamer Börse und die Börsenpassage, das Lebens
versicherungs-Gebäude in Leipzig usw. Eine theoretische
Schrift von ihm »Grundlagen und Entwicklung der Archi
tektur« ist bei Julius Bard, Berlin, erschienen.
Berlage, Gipsmodell eines Museumsbaues für die Stadt Haag