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aber: der Publikus schleicht scheu wedelnd um Kunst
werke herum, mit Angst, seine Meinung äußern zu sollen.
Aber nicht hier liegt die Schuld. Die Menge bedarf der
Führung. Das Beste wäre für sie — im Interesse der
Kunst — gerade gut genug. Statt dessen sitzen auf Kritiker
thronen maßlos überhebliche, bornierte »Intellektuelle«.
Das ist Königsberg. Wann wird der Retter kommen diesem
Land?! Karl Lemke.
Breslau. Eröffnung der Galerie Stenzei (vor
mals Galerie Arnold). Am Sonntag, den 16. Januar,
wurde in den bisherigen Räumen der Breslauer Zweig
niederlassung der Galerie Arnold die Galerie Stenzei
eröffnet und zwar ist die erste Ausstellung dem kürzlich
an die Breslauer Akademie berufenen Professor Konrad
von Kardorff gewidmet, die einen geschlossenen künst
lerisch ernsten Eindruck macht. Ferner sind auch noch
Einzelwerke von Corinth, Liebermann, Spitzweg, Marc,
Kirchner, Chagall, Klee, Kandinsky u. a. zu sehen, wäh
rend in dem der Kunstausstellung angegliederten Graphi
schen Kabinett, dessen Leitung Frau Helli Landsberger
übertragen wurde, eine ausgewäslte Sammlung graphischer
Blätter von Max Slevogt, u. a. das bedeutende Radier
werk »Die Zauberflöte«, gezeigt wird. Anläßlich der Er
öffnung hielt der Kunsthistoriker Bernhard Stephan einen
einführenden Vortrag in die Kunst Konrad von Kardorffs.
Ungeachtet der Schwierigkeiten im Ausstellungswesen
beabsichtigt die Galerie Stenzei auch weiterhin wechselnde
Ausstellungen zu veranstalten.
Die Berliner Nationalgalerie im Kronprinzen
palais hat von der Ausstellung junger holländischer Kunst,
diedie »Kornscheuer« dort veranstaltete,dasBild »Traum«
von.Lodewigk Schelfhout angekauft.
In Barcelona folgte auf die Ausstellung »Junger
französischer Kunst« eine Ausstellung belgischer
Maler.
Die»NouvellesGaleriesGeorgesGiroux«in Brüssel
wird mit einer Ausstellung von Werken O di Ion Redons
eröffnet werden.
Das »Gemeentemuseum voor moderne Kunst«
in Haag, hat im Laufe des Jahres 1920 Werke von Ko
koschka und Schmidt-Rottluff erworben.
In Bern mußte der Kunstsalon Wyß, die einzige
Pflegestätte der modernen Kunst in dieser Stadt, anfangs
Februar seine Pforten schließen. Die Gründe dafür sind
in der völligen Interesselosigkeit des Publikums zu suchen.
Die Sowjetregierung bestätigt den Plan einer Re
form der Kunstakademien. Diese sollen sich von
nun an dem Gewerbeleben ihrer Umgebung anpassen.
Der Unterricht in den Künsten wird einen Utilaritäts-
charakter tragen und die Schüler werden verpflichtet wer
den, eine gewisse Zeit hindurch in sämtlichen Gewerbe
zweigen praktisch zu arbeiten.
Moderne französische Kunst im Rheinland.
Der Oberkommissär der Rheinlandskommission plant eine
Ausstellung moderner französischer Kunst im Rheinland.
Eine internationale Konferenz der Kornscheu er
wird voraussichtlich gegen Mitte März in Paris stattfinden
unter Beteiligung von Deutschland, Holland, Frankreich,
England, Belgien, Rußland und Polen. Man trägt sich
mit dem Gedanken eines geistigen Völkerbundes in der
Kornscheuer, sowie der materiellen Sicherstellung beson
ders der valutaschwachen Kornscheuern.
Neue van Gogh - Anekdoten. (Mitgeteilt von
Pierre Borei im Mercure de France.) Van Gogh hatte
das Haus, in dem er in Arles wohnte, zum großen Teil
gelb angestridben/ als man ihn nach den Gründen fragte,
antwortete er, er habe seinem Wohnsitz die Sonnenfarbe
gegeben, »weil er wünschte, daß es für jeden das Haus des
Lichtes sei«.
Wie Gezanne in seinem Jas de Bouffan in Aix, hatte
van Gogh in dem Zimmer des Erdgeschoßes, das ihm als
Atelier diente, die Mauern mit Fresken geschmückt. Seine
Haushälterin erinnerte sich an die Fresken, die fast alle
sonnige Landschaften darstellten oder weite Sonnenblumen
felder und zwei »unwahrscheinliche« Akte.
Des Wertes seiner Werke bewußt, hatte der Künstler
einer Nachbarstochter als Heiratsgut vier Bilder geschenkt,-
diese Gemälde wie andere, die an verschiedene Personen
in der Stadt verschenkt worden waren, wurden nach dem
Tode des Künstlers für 50 Frs. das Stück verkauft.
Octave Mirbeau erwarb sich ein herrliches Blumenbild,
das van Gogh neben seinem Selbstporträt im Spital in
Arles gemalt und als Zeichen seiner Dankbarkeit den ihn
pflegenden Krankenschwestern zum Geschenk gemacht
hatte.