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bestritten entschieden, die Absicht einer Beleidigung der
Reichswehr gehabt zu haben. Es handle sich um eine in
durchaus künstlerischer Form ausgeführte Satire auf mili
tärische Auswüchse.
Als Sachverständiger äußert sich der Direktor der Städti
schen Sammlungen in Dresden, Dr. Paul Schmidt, wie folgt:
Der Charakter der Ausstellung sei durchaus humoristisch
und persiflierend. Der Dadaismus mache sich auch über
sich selbst lustig. Groß sei einer der stärksten und bedeu
tendsten Zeichner der heutigen Zeit sowohl in Deutschland
und auch in Europa. Seine darstellenden Formen lehnen
an Kinderzeichnungen an, geben diesen aber eine höchst
künstlerische Form. Seine Zeichnungen seien mit das
Wertvollste unserer Tage.
Schriftsteller Stefan Großmann, als Zeuge vernommen,
erklärte, bei der offensichtlichen Ulkstimmung der Aus
stellung habe er sich nicht empört.
Staatsanwalt Ortmann hält eine Beleidigung für vor
liegend. Es lasse sich aber nicht nachweisen, daß der An
geklagte Baader an der Ausstellung mitbeteiligt sei. Der
Staatsanwalt beantragt daher die Freisprechung des »Ober-
dada«. Im übrigen handle es sich hier nicht um eine Art
studentischen Bierulks, sondern um eine grobe Verun
glimpfung des Reichsheeres in niederträchtigster Weise.
Der Staatsanwalt beantragte gegen Burchard und Schlichter
je 600 M. Geldstrafe, gegen Groß und Herzfeld je sechs
Wochen Gefängnis.
Das Gericht verurteilte den Angeklagten Groß, der als
Künstler entgleist sei, zu 300 M., Herzfelde zu 600 M.
Geldstrafe und'sprach die übrigen Angeklagten frei. Es
wurde auch auf die Nebenstrafen, Einziehung bezw. Ver
nichtung der Platten und Formen erkannt und dem Reichs
wehrminister die Publikationsbefugnis zugesprochen.
Eine Versteigerung von 71 Degas aus der Samm
lung New york ergab einen Erlös von 226000 Dollars^
Ein großer Teil der Werke kehrte wieder nach Frankreich
zurück.
London. In der Leicester-Gallery nimmt den ersten
Platz Picasso ein: »La mansarde«, »Saltimblanque« usw.
Am besten ist des Meisters blaue Periode vertreten. Aber
auch die bekannten Anklänge an Toulouse Lautrec, F. Rops
und A. Zorn fehlen nicht. — In der National Portrait
Society spielen ebenfalls die modernen Franzosen die erste
Rolle. — Die Ausstellung von Cyril Andrade <Duca
Street) bringt eine erlesene Kollektion von Arbeiten in
Bergkristall, unter denen ein drei Fuß hohes, aus einem
Schädel aufragendes Kreuz besonders zu erwähnen ist.
Auf dem Postament sind die Marterwerkzeuge eingraviert.
Daß man auch die Kunstleistungen der ehemaligen Feinde
nicht ganz verschmäht, bezeugen ein Nautilus österreichi
scher und ein mit Edelsteinen besetzter Pokal deutscher
Provenienz. — Im New Englisch Art Club haben die
wieder zu Ehren gekommenen Praeraphaeliten das Wort.
Berlin. Bei Paul Cassirer fand im April und Mai
eine umfassende Ausstellung von Bildern und graphischen
Arbeiten Eduard Munchs statt. — Die April-Ausstellung
des »Sturm«, Potsdamer Straße 134a, brachte neben einer
Gesamtschau der durch sie vertretenen Künstlergruppe
Kurt Schwitters Merzzeichnungen, Merzbilder und Merz
plastiken.
Darmstadt. Am 16. April fand in Darmstadt die
konstituierende Versammlung des »Hessischen Künstler
bundes« statt, die stärkste Vereinigung fortschrittlich schaf
fender bildender Künstler in Hessen. Als Ziele des Bundes
gelten: Vollkommene künstlerische Unparteilichkeit, so
wie-die Selbstvertretung der künstlerischen Interessen bei
Staat und Stadt, energische Bekämpfung jedweder Bevor
mundung und des Kliquenwesens. Weiters die Forderung:
Schaffung einer Kunstkammer, verbunden mit einer Stelle
eines staatlichen Kunstreferenten, Zentralisierung des Aus
stellungswesens. Beschlossen wurde außerdem, direkter
Anschluß an den Reichswirtschaftsbund, Schaffung einer
Materialbeschaffungsstelle, Beteiligung an Auslandsaus
stellungen und engste Fühlungnahme mit den Nachbar
staaten., Als erste Tat soll eine juryfreie Ausstellung in
Darmstadt 1922 auf der Mathildenhöhe veranstaltet werden.
Der geschäftsführende Ausschuß besteht aus den Herren:
Em. Jos. Margold, Architekt B. D. A., D.W.B. Mitglied
der Darmstädter Künstlerkolonie, Theodor Wende, Gold
schmied, Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie, T.
C. Pilards, Bildhauer, Darmstadt, Kunstmaler Posch,
Darmstadt, Paul Thesing, Kunstmaler, Darmstadt und
Frl. Mathilde Stegmayer, Malerin, Darmstadt.
Eine Hodler-Ausstellung. Das Berner Kunst
museum beabsichtigt eine umfangreiche Hodler=Gedächt-
nisausstellung im August d. Js., die während der Dauer
zweier Monate alle Räume der Museumsgebäude ein
nehmen soll. Private und öffentliche Sammlungen haben
ihre Mitwirkung zugesagt.
Eine Skizze von Hans v. Marees zu jenem Teil
der Neapeler Fresken, der den Gründer der zoologischen
Station, Anton Dohrn mit seinen Freunden und dem
Künstler selbst darstellt, ist im Züricher Kunsthaus aus
gestellt.
Albert Besnard arbeitet an einer großen dekorativen
Komposition für die Straßburger Universität, darstellend
eine Allegorie auf die Rückkehr der französischen Uni
versität.