Volltext: Zweiter Jahrgang (2(1921))

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bestritten entschieden, die Absicht einer Beleidigung der 
Reichswehr gehabt zu haben. Es handle sich um eine in 
durchaus künstlerischer Form ausgeführte Satire auf mili 
tärische Auswüchse. 
Als Sachverständiger äußert sich der Direktor der Städti 
schen Sammlungen in Dresden, Dr. Paul Schmidt, wie folgt: 
Der Charakter der Ausstellung sei durchaus humoristisch 
und persiflierend. Der Dadaismus mache sich auch über 
sich selbst lustig. Groß sei einer der stärksten und bedeu 
tendsten Zeichner der heutigen Zeit sowohl in Deutschland 
und auch in Europa. Seine darstellenden Formen lehnen 
an Kinderzeichnungen an, geben diesen aber eine höchst 
künstlerische Form. Seine Zeichnungen seien mit das 
Wertvollste unserer Tage. 
Schriftsteller Stefan Großmann, als Zeuge vernommen, 
erklärte, bei der offensichtlichen Ulkstimmung der Aus 
stellung habe er sich nicht empört. 
Staatsanwalt Ortmann hält eine Beleidigung für vor 
liegend. Es lasse sich aber nicht nachweisen, daß der An 
geklagte Baader an der Ausstellung mitbeteiligt sei. Der 
Staatsanwalt beantragt daher die Freisprechung des »Ober- 
dada«. Im übrigen handle es sich hier nicht um eine Art 
studentischen Bierulks, sondern um eine grobe Verun 
glimpfung des Reichsheeres in niederträchtigster Weise. 
Der Staatsanwalt beantragte gegen Burchard und Schlichter 
je 600 M. Geldstrafe, gegen Groß und Herzfeld je sechs 
Wochen Gefängnis. 
Das Gericht verurteilte den Angeklagten Groß, der als 
Künstler entgleist sei, zu 300 M., Herzfelde zu 600 M. 
Geldstrafe und'sprach die übrigen Angeklagten frei. Es 
wurde auch auf die Nebenstrafen, Einziehung bezw. Ver 
nichtung der Platten und Formen erkannt und dem Reichs 
wehrminister die Publikationsbefugnis zugesprochen. 
Eine Versteigerung von 71 Degas aus der Samm 
lung New york ergab einen Erlös von 226000 Dollars^ 
Ein großer Teil der Werke kehrte wieder nach Frankreich 
zurück. 
London. In der Leicester-Gallery nimmt den ersten 
Platz Picasso ein: »La mansarde«, »Saltimblanque« usw. 
Am besten ist des Meisters blaue Periode vertreten. Aber 
auch die bekannten Anklänge an Toulouse Lautrec, F. Rops 
und A. Zorn fehlen nicht. — In der National Portrait 
Society spielen ebenfalls die modernen Franzosen die erste 
Rolle. — Die Ausstellung von Cyril Andrade <Duca 
Street) bringt eine erlesene Kollektion von Arbeiten in 
Bergkristall, unter denen ein drei Fuß hohes, aus einem 
Schädel aufragendes Kreuz besonders zu erwähnen ist. 
Auf dem Postament sind die Marterwerkzeuge eingraviert. 
Daß man auch die Kunstleistungen der ehemaligen Feinde 
nicht ganz verschmäht, bezeugen ein Nautilus österreichi 
scher und ein mit Edelsteinen besetzter Pokal deutscher 
Provenienz. — Im New Englisch Art Club haben die 
wieder zu Ehren gekommenen Praeraphaeliten das Wort. 
Berlin. Bei Paul Cassirer fand im April und Mai 
eine umfassende Ausstellung von Bildern und graphischen 
Arbeiten Eduard Munchs statt. — Die April-Ausstellung 
des »Sturm«, Potsdamer Straße 134a, brachte neben einer 
Gesamtschau der durch sie vertretenen Künstlergruppe 
Kurt Schwitters Merzzeichnungen, Merzbilder und Merz 
plastiken. 
Darmstadt. Am 16. April fand in Darmstadt die 
konstituierende Versammlung des »Hessischen Künstler 
bundes« statt, die stärkste Vereinigung fortschrittlich schaf 
fender bildender Künstler in Hessen. Als Ziele des Bundes 
gelten: Vollkommene künstlerische Unparteilichkeit, so 
wie-die Selbstvertretung der künstlerischen Interessen bei 
Staat und Stadt, energische Bekämpfung jedweder Bevor 
mundung und des Kliquenwesens. Weiters die Forderung: 
Schaffung einer Kunstkammer, verbunden mit einer Stelle 
eines staatlichen Kunstreferenten, Zentralisierung des Aus 
stellungswesens. Beschlossen wurde außerdem, direkter 
Anschluß an den Reichswirtschaftsbund, Schaffung einer 
Materialbeschaffungsstelle, Beteiligung an Auslandsaus 
stellungen und engste Fühlungnahme mit den Nachbar 
staaten., Als erste Tat soll eine juryfreie Ausstellung in 
Darmstadt 1922 auf der Mathildenhöhe veranstaltet werden. 
Der geschäftsführende Ausschuß besteht aus den Herren: 
Em. Jos. Margold, Architekt B. D. A., D.W.B. Mitglied 
der Darmstädter Künstlerkolonie, Theodor Wende, Gold 
schmied, Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie, T. 
C. Pilards, Bildhauer, Darmstadt, Kunstmaler Posch, 
Darmstadt, Paul Thesing, Kunstmaler, Darmstadt und 
Frl. Mathilde Stegmayer, Malerin, Darmstadt. 
Eine Hodler-Ausstellung. Das Berner Kunst 
museum beabsichtigt eine umfangreiche Hodler=Gedächt- 
nisausstellung im August d. Js., die während der Dauer 
zweier Monate alle Räume der Museumsgebäude ein 
nehmen soll. Private und öffentliche Sammlungen haben 
ihre Mitwirkung zugesagt. 
Eine Skizze von Hans v. Marees zu jenem Teil 
der Neapeler Fresken, der den Gründer der zoologischen 
Station, Anton Dohrn mit seinen Freunden und dem 
Künstler selbst darstellt, ist im Züricher Kunsthaus aus 
gestellt. 
Albert Besnard arbeitet an einer großen dekorativen 
Komposition für die Straßburger Universität, darstellend 
eine Allegorie auf die Rückkehr der französischen Uni 
versität.
	        
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