gegen den »Kreuzweg« Abstimmungen. Flug=
Schriften zu Lob und Angriff erscheinen,- Vor
träge werden abgehalten und die Priesterschaft
selber ist wie die Laienschaft geteilt. Kardinal
Mercier hat sich für die Bilder erklärt und selbst
innerhalb der Karmeliterbrüderschaft: gibt es eine
Mehrheit, die dem »Kreuzweg« nichts Anti
christliches und Gotteslästerliches nachzusagen
vermag. Bei der bekannten Gottesfurcht des
flämischen Landvolks, das in hellen Schaaren
der Wallfahrtskirche zupilgerte solange die
Bilddr in der Kapelle aufgehängt waren, erlangt
der Skandal wie gesagt ein ungeheuerliches
Ausmaß. Mehr als bei einem Buche, das auf
den Index gesetzt wird und das dem einfachen
Manne sowieso nicht in die Hände gerät, ist
hier die Öffentlichkeit betroffen und zum Mit=
urteilen angeregt, wo Tausende von Augen die
inkriminierten Werke betrachten konnten. Der
alte Konflikt: ein gutkatholischer Künstler, der
das Göttliche darzustellen sucht, ohne sich an
die hergebrachte Ästhetik der Kirche zu halten,
dessen Werke weit über diese enge Ästhetik
hinausdringen, die Gemüter einmal wahrhaft
ergreifen und der deswegen verketzert wird.
Das schafft eine gefährliche Unsicherheit, denn
keiner der Frommen, die vor dem »Kreuzweg«
gebetet haben, weiß nun nach dem Verdikt der
Kirche, ob er nicht Teufels werk anbetete.
Servaes, der Künstler, ist natürlich machtlos.
Zwar schützt ihn der belgische Staat, und De=
stree, der Kultusminister, schlug ihm unmittelbar
nach Bekanntwerden des Falls den Ankauf der
Zeichnungen für ein Brüsseler Museum vor.
Eine derartige Rehabilitierung kann Servaes
kaum genügen. Als treuer Sohn der Kirche
sucht und schmachtet er nach der Zustimmung
und nach dem stärkenden geistigen Schutze
aller Glaubensgenossen. Deswegen sendet er
jetzt den »Kreuzweg« in andere Länder. In
Holland, wo eben die Bilder weilen, fällt das
Urteil in kirchlichen und nichtkirchlichen Kreisen
einhellig zu seinen Gunsten aus. In Deutsch
land wäre der Beifall vermutlich noch größer,
denn die vierzehn Stationen sind ausgezeichnet
durch eine tiefe Erlebnisinnigkeit und durch eine
redliche, gotisch-germanische Formwahrheit.
Servaes gehört zu jenen jüngeren belgisch^
flämischen Malern, die in dem Flecken St. Mar=
tens Laethen groß wurden und aus diesem Dorfe
eine berühmte Kolonie etwa wie das deutsche
Worpswede machten. Sein Atelier wurde wäh
rend des Kriegs von manchem Deutschen be=
sucht und schon damals, noch bevor der Künstler
im eigenen Lande Ruhm gewann, wanderten
Bilder von ihm in deutschen Privatbesitz. Auf
der Ausstellung 1919 Venedig, erregten seine
»Szenen aus dem Bauernleben« (Ölgemälde)
starkes Aufsehen. F. M. Hu ebner.
Signaux de France et de Belgique
Unter diesem Titel begann am 1. Mai in
Brüssel eine neue Monatsschrift zu erscheinen,
deren Herausgeber, die litterarischen Leiter des
Selection-Kunsthandels, dafür bürgen, daß es
sich um ein tonangebendes Unternehmen handeln
wird,- während es nämlich in Belgien nicht an
streitenden Organen für das neue Denken und
Kunstgestalten fehlt — erinnert sei nur an die
vorzüglich geleitete »Art libre« von Paul Co
lin — gibt es eigentlich keine Sammelstätte für
das neue Schrifttum, wo nach dem Vorbilde
Pariser Revuen eine breitere und selbstverständ^
liebere Formulierung der neuen Erkenntnisse
erfolgt. Hier werden die »Signaux« mit ihrem
monatlichen Umfang von 48 Seiten vorangehen,
über den Parteien, über den Schulen stehend,
einer geschmackvollen Kulturgesinnung den
Vorzug gebend. Der Leiter für Frankreich ist
Andre Salmon, der für Belgien Frans Hellens.
Wie ich höre, wird man in einiger Zeit auch
deutsche Schriftsteller zur Mitarbeit bitten.
Dr. H.
Ter Waarheid
In Gent, Graslei 13 wird unter dem Titel »Ter
Waarheid« eine flämische Zeitschrift herausge=
geben, die von außerordentlichem Werte wegen
des darin aufgespeicherten Nachrichten-Mate
rials ist. Die Zeitschrift dient religiösen, künst
lerischen, politischen Interessen. Jede Nummer
enthält Gedichte und einen größeren Aufsatz
(siehe in Nr. 1 den weitausholenden Aufsatz:
»Rembrands Licht«), sowie Zeitschriftenauszüge