Volltext: Zweiter Jahrgang (2(1921))

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Kurt Kroner »Moses« 
Januar=Ausstellung bei Hans Goltz 
Genius des Bodens widerstrebt. Es ist dies 
— icb gebe zu und wiederhole — Denkträgheit, 
Impotenz, Erschöpfung,- aber es ist auch Sehn 
sucht nach dem wesenhaften Kern, denn schließ 
lich ist doch jenes »neue«, das sich dem ewigen 
Namen der Kunst anheftet, ein äußerliches und 
geringwertiges Kleid. 
Diese allgemeinen Bemerkungen sollen den 
folgenden Mitteilungen als Erläuterung und 
Richtlinien dienen. Ein Publikum für die neue 
Kunst gibt es in Wien nicht,- es gibt nur Ein^ 
zelne, die in tiefer Unruhe nach der Befriedigung 
ihrer Sehnsucht suchen und wohl auch in der 
leichtsinnigen Gläubigkeit ihrer Stammesart alU 
zuleicht ihr Ziel gefunden zu haben wähnen. 
Kleine Zirkel treiben leidenschaftlich ihren 
Gottes- und Götzendienst,- aber sie sind, un 
organisiert und ihrer Natur nach unorganisiert 
bar, wirtschaftlich und kulturell ohne Macht, sie 
sind kein Publikum. Publikum ist hier nur die 
breite Masse der Stumpfsinnigen, deren Organ 
die Kritik der großen Presse ist,- kaum irgendwo 
in deutschen Landen steht diese in allen kultu- 
rellen Fragen auf so tiefer Stufe wie hier, kaum irgendwo sieht sie ihre Aufgabe so restlos darin, 
dem geistigen Pöbel das Wort vom Munde zu nehmen. Die oppositionelle Kritik, die, soweit 
sie sich nicht als literarischen Herold irgendeiner 
Künstlergruppe begnügt, fast nur auf die Gelegen^ 
heit der ephemeren Zeitschriften angewiesen ist, 
entbehrt eines Führers und wohl auch jedes Zu 
sammenschlusses zu jener breiten Wirkung, die sie 
—■ ihre Utilität anerkennend —' dennoch im Grunde 
verschmäht. Wir kämpfen nicht für die »neue 
Kunst«, sondern für die Kunst, die uns Menschen 
unserer Zeit und unseres Geistes am tiefsten be 
glückt,- und so ist für die Wiener Kritik jene in 
ganz Deutschland als komische Figur bekannte 
Beckmesserei der »Neuen Freien Presse« charakte 
ristischer als das glühende Bekenntnis zur Kunst, 
das Karl Kraus namens aller Jugend hier ablegt. 
So geht bei uns jeder seinen Weg,- die offiziellen 
Kreise, die ja den Willen des Volksganzen irgend^ 
wie widerspiegeln, können wenig fördern, aber sie 
stören auch nicht,- soweit sie persönliche Verant 
wortung tragen, haben sie der »neuen Kunst«, nun 
im weiten Sinne des technischen Ausdrucks, nicht 
weniger gedient, als es anderwärts der Fall sein 
Kurt Kroner »Torbogen« kann. Die Staatsgalerie, die graphische Sammlung
	        
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