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Die Farbe geht inzwischen ihren eigenen Weg der
Befreiung- Sie reinigt sich von den Mischtönen. Sie
wächst an Ausdrucks Verdichtung, vergeistigt, ver*
dünnt sich nach Seiten der chemischen Zusammen*
Setzung. Sie gewinnt eine Lauterkeit sondergleichen.
Allgemach vermag sie dann losgelöst vom Gegen*
stände zu bestehen. Ihre nennende, signalisierende
Kraft schafft mit Gegenständen und Ausgleichen, mit
plötzlichen Hervorbrüchen und hinschwindenden
Dämmertiefen ganze Gesänge des Leuchtens und
Flutens, und diese reinen Stimmungsergüsse werden
niemals in verhohlener Fühlungnahme mit dem Be*
schauer auf ein vorab gebilligtes Programm festgelegt.
Am Ende vereinigt sich die Farbe wieder mit der
Zeichnung. Im Ansätze des Pinsels, in der Führung
der zeichnerischeu Linie ist nichts mehr übrig, was
den Blick auf das Ich des Künstlers frei gibt, Ganz
rein und namenlos tragen die innere Erfahrung, trägt
das hochgesteigerte Können sich selber vor. Es ent*
stehen jene reichen, prangenden Farbenkompositionen,
deren künstlerische Ballung so stark gespannt ist, daß
sie des Zusammenhaltes des Holzrahmenvierecks
nach derWeise des Staffeleibildes nicht mehr bedürfen.
Ihre figürliche Fülle wird von der eigenen Mitte her
gegliedert und abgegrenzt. Die Stilregeln des Flä*
chigen walten in ihnen derart lebendig, daß dieWand*
ebene, allwo diese Malereien ihren Platz finden, erst
durch sie aus der baukörperlichen Erstarrung geweckt
wird. Mit Arbeiten auf Äthernit, mit Glasfenster*
gemälden und Mosaikeintäfelungen hat die Künst*
lerin noch obendrein bewiesen, welche Möglichkeiten
sich hier für die Wiederannäherung zwischen Malerei
und Baukunst für die Wiederaufhebung des alten,
selbstlosen, menschlichen Werkstättengeistes in der
Kunst eröffnen..
Im Haag. F. M. Huebner.
Museumsfragen
Die am 5. Februar 1919 ernannte Reichskommis*
sion, Vorsitzender Dr. M. I. Duparc, Haupt der
Abteilung Kunst und Wissenschaft am Unterrichts*
ministerium, hat neulich ihren Rapport veröffentlicht
in Bezug auf die Umgestaltung des niederländischen
Museumswesens. Sie betrachtet den gesamten Be*
stand der holländischen Museen als ein organisches
Gebilde und von diesem Gesichtspunkt ausgehend,
beabsichtigt sie eine Einteilung in drei Kategorien
von Gegenständen, je nach der Art des vorhandenen
Materials. Erstens will sie eine Sammlung herstellen,
die nur dasjenige umfassen soll, was an Schönheits*
wert ganz hervorragend sei, ohne dabei zu berück*
sichtigen, aus welcher Periode es herkommt oder in
welcher Technik es ausgeführt sei. Zweitens käme
alles dasjenige in Betracht, was kunsthistorischen
Wert hat und drittens ist ein historisches Museum
vorgesehen. Es handelt sich also darum, aus allen
Museen dasjenige zu wählen, was sich als höchste
Kunstäußerung auszeichnet. Ferner sollten aus dem
Ryksmuseum in Amsterdam solche Gemälde zu*
sammengebracht werden, welche bedeutend sind als
Beiträge zur Kenntnis der niederländischen Geschichte,-
sie müßten den Kern bilden für das Niederländische
Historische Museum, und dazu sollten Porträts und
Dokumente gefügt werden, die sich auf diese Ge
schichte beziehen. Beide Museen, sowohl das Histo*
rische als das Allgemeine Kunstmuseum sind in
Amsterdam gedacht. Daneben käme in Betracht ein
Museum für Kunstgeschichte, wozu im Ryksmuseum
auch nach der vorangehenden Trennung noch genügend
Material vorhanden bliebe. In dieser Weise wären
die beiden Strömungen der Geschichte, die politische
und die Entwicklungsströmung von einander getrennt
und doch im Zusammenhang zu studieren.
Die Vor* und die Frühgeschichtlichen Abteilungen
des Historischen Museums müssen in Leiden bleiben,
wo der Anschluß besteht mit dem archaeologischen
Museum, der unentbehrlich ist,- das Ethnographische
Museum aber könne nach der Ansicht der Kommis*
sion in Leiden nicht die erwünschte Entwicklung er*
halten, wäre deswegen besser im Haag untergebracht.
Das Prinzip, das aus den verschiedenen Erwä*
gungen hervorging, führte zu Konsequenzen, die das
Zusammenarbeiten der großen und der lokalen Mu*
seen beeinflussen und fördern mögen, indem der Vor*
stand des Zentralen historischen Museums sich ver*
pflichtet, den Leitern der lokalen Sammlungen Auf*
Schluß zu erteilen. Durch zweckmäßiges Austauschen
des Materials, wobei an der einen Stelle das Über*
schüssige abgegeben wird zur Ausfüllung von Lücken
anderwärts, dann wieder von dort aus ersetzt wird,
mit dem was da zu viel in anderer Beziehung vor*
handen ist, würde der Gehalt dieser kleinen Samm
lungen gehoben und ein fast idealer Zustand er*
reicht sein.
Sogar für die großen Museen ist Austausch er*
wünscht in solcher Weise, daß nach einer bestimmten
Anzahl von Jahren die Gegenstände des Allgemeinen
Kunstmuseums wieder ihre Stelle einnehmen können
da wo sie historisch hingehören, um also den Platz
frei zu machen für andere, die auch ihrer Schönheit
wegen für das Kunstmuseum in Betracht kämen,
entweder die schon in Museen vorhandenen oder
Neuerwerbungen.