Volltext: Zweiter Jahrgang (2(1921))

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Kisling »Brücke mit Wildbach« <Gem.) 
den Geschäftsverkehr in einer Nebenstelle oder gar in 
der Zentralstelle in Leipzig vorzustellen. Man muß 
nämlich wissen, daß diese Büros bis vor Kurzem auch 
noch darüber zu entscheiden hatten ob der Preis für 
ein modernes Gemälde, für eine Graphik oder Plastik 
angemessen war. In Leipzig und Stuttgart wären also in 
diesem Falle täglich Berge von Fakt uren unter den eben 
geschilderten Schwierigkeiten nachzuprüfen gewesen, 
da die Verkaufsordnung natürlich nur dann Sinn 
hatte, wenn auch wirklich bei jedem Titel der richtige 
Preis kontrolliert wurde. Man hätte dann nach einigen 
Wochen eine eingereichte Rechnung entweder be* 
willigt zurückbekommen oder aber —- was wahr* 
scheinlicher sein mußte — eine Rückfrage erhalten, 
deren Duplik und Replik hätte wieder einige Wochen 
in Anspruch genommen, und der Besteller im Aus* 
land hätte natürlich geduldig gewartet bis nach Mo* 
naten vielleicht die Ausfuhr genehmigt wäre. Ge 
wiß — die Filialen in größeren Städten sollten den 
Geschäftsverkehr vereinfachen, sie hatten aber noch 
mehr Schwierigkeiten zu überwinden, als die Zentral* 
stelle in Leipzig, welche durch telephonische Anfragen 
sich orientieren konnte. Die Geschäftsführung dieser 
Zweigstellen beruhte auf reiner Willkür, denn es war 
praktisch — wie gesagt — einfach unmöglich die 
Richtigkeit einer größeren aufgestellten Rechnung 
nachzuprüfen. Diese Schwierigkeit wurde besonders 
erhöht durch den § 8bIII, durch welchen dem Ver* 
leger freigestellt wurde, einen besonderen Auslands* 
preis für seine Werke festzusetzen, welche er imBuch* 
händler Börsenblatt veröffentlichen muß. DieserAus* 
landspreis muß wenigstens den doppelten Ladenpreis 
betragen. Damit ist dem Verleger das Recht einge* 
räumt statt den allgemein gültigen Valutaaufschlag, 
welcher für die Schweiz zwischen 480 und 260 % 
schwankte, nur 100% zu berechnen. Der Haupt 
paragraph ist also von vornherein durchbrochen. Tat* 
sächlich beträgt heute der Valutaaufschlag sehr viele 
Verlagsartikel nur noch 100%, da besonders in den 
letzten Monaten immer mehr Verleger von dieser 
Vergünstigung Gebrauch machten, nachdem sie ge 
merkt hatten, daß es dem Ausland nicht eingefallen 
ist, die deutschen Wucherpreise zu zahlen. Der Sor* 
timenter darf das natürlich auch tun, aber man stelle 
sich einmal die praktische Durchführung vor: Welche 
Unsumme von Arbeit ist allein nötig die im B.B1. 
veröffentlichten Sonderpreise zu sammeln, zu kata* 
logisieren und auf dem Laufenden zu halten. Nehmen 
wir einmal an, ein Schweizer Geschäftsfreund bestellt 
bei mir 10 Bücher und ich bin wirklich in der Lage 
gewesen, die verschiedenen Auslandspreise festzu 
setzen, dann ergibt sich bei der Berechnung der zehn 
Bücher folgendes Bild: Fünf Bücher haben den ge 
rade geltenden Valutaaufschlag von — sagen wir — 
280%, eines davon hat 100% Aufschlag, eines 120, 
eines 200, diese letzteren natürlich in Francs ausge 
drückt, eines ist ein vergriffener Luxusdruck und hat 
Kisling »Häuserlandschaft mit Bach« <Gem.)
	        
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