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einen Liebhaberpreis und eines ist vor 1900 erchienen
Ich bin sicher, daß eine solche Faktur von dem Ge-,
schäftsfreund zurückgekommen wäre mit dem Be-
merken »Ihr Deutschen seid komplett verrückt ge-
worden-« Dabei ist aber zu beachten, daß dieAußen-
handelsnebenstelle ein eben so treffliches Katalog-
Material in Händen haben müßte, um nun diese Aus
nahmspreise wieder nachprüfen zu können. DieNach-
prüfung einer solchen Rechnung kann nur eine Farce
sein und tatsächlich lehrte auch die Erfahrung, daß
es einfach auf das Glück ankam, ob man eine Aus
fuhrbewilligung bekam oder nicht. Der Münchner
sagt: »Wie's trefft!«
Die Erfüllung des § 12 — die Verteilung des Va
lutagewinns — hätte, wenn sie praktisch zur An
wendung gekommen wäre, den Sortimenter vor die
Notwendigkeit gestellt,, ein Büro von wenigstens
einem Gehilfen der Tarifkategorie C und einem
Schreibmaschinenfräulein einzurichten. Nur der prak
tische Sortimenter vermag zu begreifen, was es be
deutet, den Verlegern den Valutagewinn aus einem
großen Auslandsabsatz nach den Bestimmungen dieses
Paragraphen zuzuschreiben. Die Ablehnung des Aus
landes hat ihn ja, Gott sei Dank, vor all diesen
Lächerlichkeiten bewahrt. Ich fordere die Verleger
auf, mir mitzuteilen, ob überhaupt, und dann in wel
chem Umfange ihm solche Gutschriften seitens des
Sortiments zugegangen sind.
Wir sehen also, diese Valutaordnung hat einige
Zwischenräume. Ich muß mich kurz fassen, sonst
könnte ich Ihnen so viele noch zeigen, daß die ganze
Verkaufsordnung Ihnen erscheinen würde wie jener
Morgenstern'sche »Lattenzaun mit Zwischenraum
hindurchzuschaun«. DieRolle des Morgenstern'schen
Architekts übernahm der Schleichhandel. Er nahm
den Zwischenraum heraus und baut daraus ein großes
Haus. Das Haus dieses Schleichhandels hat viele
Türen und Ausgänge. Ich nenne einige: Der Grenz
verkehr durch Passanten und der Händedruck mit
dem Zollwächter. Die laxe Handhabung des Grenz
verkehrs im besetzten Gebiet. Die Unkontrollier-
barkeit der Gepäckaufgabe bei den Dampfern in den
Hafenplätzen, das Diplomatengepäck, den Betrug
durch falsche Verpackung, der massenhafte Einkauf
der Ausländer in Deutschland selbst, die sich offen
rühmen, mit einem Fünf-Frankenstück einen Ballen
Bücher unbelästigt über die Grenze zu bringen.
Kürzlich kaufte hier inMünchen ein LeipzigerRamsch-
händler alle Konversationslexika auf und zahlte für
jedes Mk. 2000. — . Es ist doch jedem Einsichtigen
klar, wohin diese Lexika gewandert sind und daß sie
niemals die Kontrolle der Nebenhandelsstelle passiert
haben. Aber der Schleichandel blüht auch mit der
unbewußten Hilfe dieser Stellen. Es werden brav
Valutafakturen ausgeschrieben und es wird mit den
ausländischen Geschäftsfreunden ein besonderes
Zahlungsabkommen getroffen, wenn man es über
haupt noch für nötig hält, solche Verschleierungen
vorzunehmen, denn wie schon mehrfach betont, es
ist Glücksache, ob ein Preis beanstandet wird oder
nicht. Dieser Schleichhandel hat die von Anfang
an wackelnde Konstruktion der Valutaordnung so
gründlich zertrümmert, daß tatsächlich nur noch
Scherben übrig geblieben sind. Er hat aber noch
etwas restlos erreicht: Das Mißtrauen in die Zu
verlässigkeit des deutschen Kaufmanns zu steigern.
Denn dem Schleichhandel kam es natürlich nur auf
das Geldverdienen an und er arbeitete mit Verlegern,
deren Erzeugnisse nicht geeignet sind, den Ruf des
deutschen Verlagsbuchhandels im Ausland zu heben.
Ein breiter Weg des Schleichhandels führt auch
über das valutaschwache Ausland. Um diesen zu
verhindern, ist vorgesehen, daß die Sortimenter in
Österreich, der Tschecho - Slowakei, Polen, Finn
land etc. einen Revers unterschreiben, nach welchem
sie sich bei Zahlung einer Konventionalstrafe ver
pflichten, aus Deutschland bezogene Bücher nur nach
den Maßgaben derValutaordnung in das valutastarke
Ausland weiter zu verkaufen. Sie waren gezwungen,
beim Börsenverein eine Kaution zu hinterlegen. Nun
gibt es in diesen Ländern auch Privatleute, welche
aus Deutschland direkt Bücher beziehen. Ein Wiener
Privatmann hatte also nur nötig, bei zehn verschie
denen deutschen Buchhändlern je ein »Busch-Album «
zu beziehen und konnte diese mit einem Aufschlag
von 100% nach der Schweiz Weiterverkäufen, ein
Geschäft, ganz unbeschwert durch irgend welche
Besteuerung, das sich lohnt. Tatsächlich sind auf
diesem Wege Millionen verdient worden.
Jetzt wollen wir uns mit der Wirkung beschäftigen,
welche die Einführung der Valutaordnung für den
deutschen Verleger, den deutschen Sortimenter, den
Auslandssortimenter und für die deutsche Wirtschaft
hatte. Wie ich bereits erwähnte, ist von den Aus
landskäufern rundweg abgelehnt worden, den Valuta
aufschlag zu bezahlen. Ausgenommen von dieser
Ablehnung waren wohl einige wissenschaftlicheWerke,
die unbedingt gebraucht wurden und bei deren Be
schaffung der Preis für die ausländischen reich do
tierten Bibliotheken und für die Industrie keine Rolle
spielten. Der Export des schönwissenschaftlichen
Buches, der Kunstliteratur und aller Werke, die ge
eignet waren, deutsche Kultur zu verbreiten, war für
den ehrsamen deutschen Buchhändler abgeschnitten.
Die Erbitterung im Ausland über die Einführung
der Valutaordnung war so stark, daß sie vielfach in
das Politische hinüberspielte und reichlich dazu bei
getragen hat, den Deutschen noch mehr verhaßt zu
machen als er es schon war. Die verschiedenartigen
Berechnungen, welche aus den vorher geschilderten
Gründen unausbleiblich waren, erweckten Mißtrauen,
der Schund, welcher auf dem Schleichhandelsweg in