BUCHMALEREIEN Rn
Die Nationalbibliothek in Wien (die ehemalige K. K. Hofbibliothek,
Bibliotheca Palatina Vindobonensis) ist in ihren wesentlichen Bestand-
teilen eine Schöpfung des Habsburgisch-Lothringischen Fürsten-
hauses. Das Sammeln von Handschriften und die bibliophilen Nei-
gungen sind schon bei den Habsburgern des Spätmittelalters vor-
handen, wie etwa die Nummern 72, 76 und 78 der Ausstellung im
Kunstgewerbemuseum Zürich darlegen (Codices aus dem Besitze
Herzog Albrechts III. und Kaiser Friedrichs IIT.). Diese Tendenz der
Kulturförderung verstärkt sich unter Kaiser Maximilian I. (gest.
1519), indessen gilt erst dessen Enkel Kaiser Ferdinand I. (gest. 1564)
als der eigentliche Begründer der Hofbibliothek.
Indem von der Bedeutung der Wiener Nationalbibliothek als
Sammelstätte des gedruckten Buches hier nicht zu sprechen ist, soll
vor allem auf die Entstehung der reichen Handschriftensammlung
hingewiesen werden. Durch systematische Käufe wurden unter
Ferdinand I. und Maximilian II. (gest. 1576) aus Fuggerschem
Besitz in Augsburg und aus Konstantinopel lateinische und griechische
Codices zusammengebracht. Um 1600 hatte die Palatina Vindobonensis
„sowohl mit Rücksicht auf die Zahl der Stücke wie auch auf deren
Alter und Kostbarkeit eine Bedeutung erlangt, die sie den reichsten
höfischen Büchereien in deutschen Gauen würdig zur Seite stellte“
(Rud. Beer, Zur Geschichte der kaiserlichen Handschriftensammlung,
Wien 1912),
Im 17. Jahrhundert erlebte diese Anschaffungspolitik unter Kaiser
Leopold I. (gest. 1705) einen Höhepunkt, wie dieser Herrscher z. B.
die wichtigsten Stücke der Sammlung auf Schloß Ambras bei Inns-
bruck nach Wien bringen ließ, und wie er in Budapest, in Spanien
und in Venedig wertvollste Manuskripte erwarb. Sein Sohn, Kaiser
Karl VI. (gest. 1740), wandte sich mit Glück dem Erwerb eines früh-
mittelalterlichen Handschriftenbestandes aus Neapel zu, womit Wien
in den Besitz einzigartiger Bestände aus dem Kloster Bobbio gelangte.
Daneben erweiterte sich die Hofbibliothek durch den Ankauf der
Handschriften des Freiherrn von Hohendorf (1720) und des Prinzen
Eugen von Savoyen (1737). Auch die Wiener Stadtbibliothek und die
Universitätsbibliothek traten im 18. Jahrhundert ihre Handschriften-
schätze der Hofbücherei käuflich ab. Auf dem Wege der Säkulari-
sationen gelangten unter Kaiser Joseph II. (gest. 1790) zahlreiche
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