KUPFERSTICHE
199 Die Melancholie B 74
(Dürer im Tagebuch der Reise in die Niederlande:
„Melancholei“)
bez. mit Monogramm, datiert 1514; den Flügeln eines fledermausähn-
lichen Fabeltiers eingeschrieben: MELENCOLIA I
M. 75- 2. Zustand (mit Verbesserung der Ziffer 9 im Zahlenquadrat) a
ohne Wz.
Zwei Studien zum Kinderkopf auf einer 1514 datierten Zeichnung im
British Museum (L 249); nicht benutzte Variante zum Kindergenius,
dieser mit Senkblei und Quadrant messend, in Manuskript des British
Museum (auf Attribute der Melancholie bezügliche Beischrift: „schlus-
sel betewt (bedeutet) Gewalt, pewtell (Beutel) reichthum'‘), zum
Polyeder im Dresdener Skizzenbuch; das schwere Sitzen der Melancho-
lie zu vergleichen mit Zeichnungen im British Museum (L 79) und in
Wien (L 539); Literatur über Deutung des Stichs äußerst umfangreich,
zusammengefaßt bei Dodgson Nr. 73 und Tietze II. 1 Nr. 588; aus der
Bezeichnung I (Melencolia I) zunächst Schluß auf geplante Darstellung
der 4 Temperamente, deren Vorstellung, von Aristoteles ausgehend,
auch im Mittelalter lebendig, so schon Thausing, Dürer, S. 450; diese
Ansicht auch heute meist vertreten und präzisiert: K. Giehlow in Mit-
teilungen der Gesellschaft für verf. Kunst Wien 1903/1904, Nachweis
einer höheren Wertung der Melancholie im Zeitalter Dürers unter
Einfluß des Marsilius Ficinus, die schöpferische Seite des Melancho-
likers in Kunst und Wissenschaft betont; Giehlows Forschungen weiter-
geführt von E. Panowsky ünd F. Saxl, Dürers Melencolia }. Leipzig-
Berlin 1923, Aufhellung des Zusammenhangs der Melancholie- mit
astrologischer Saturn-Vorstellung, Deutung von der Melancholie bei-
gegebenen Symbolen; vom Künstlerischen ausgehende Würdigung
und Deutung Wölfflin S.249ff und Gedanken zur Kunstgeschichte,
Basel 1941 S. 96 ff, die Annahme einer geplanten Folge der 4 Tempera-
mente abgelehnt, der Melancholie I (der „gutartigen‘ nach Marsilius
Ficinus) hätte eine Melancholie II (die krankhaft bösartige) folgen
sollen; die Deutungsversuche, die die beiden andern Meisterstiche
oder den Hieronymus im Gehäus allein, mit der Melancholie in Zu-
sammenhang bringen, heute meist abgelehnt; die ernste Stimmung des
Blattes oft mit dem Tod von Dürers Mutter erklärt.
200 Der Heilige Hieronymus im Gehäus
(Dürer: „Hieronymus im.Gehais‘‘), B 60
bez. auf perspektivisch gelegtem Täfelchen mit Monöogramm, datiert
1514
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