Volltext: Der Ararat (1 (1920), 8)

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Letzte Erfüllung bleibt Igor Strawinsky, der 
Freund Debussys, Gegner Beethovens/ Nach 
folger Scrjäbines und heute unzweifelhaft we= 
sentlichste neurussische Komponist. Er schrieb 
Gesangs^Suiten für Orchester, Balletts, Opern, 
Cellostüdce und Klaviermusik. In Genf wollte 
man ihn zum Theater hinauswerfen. In Paris 
vergöttert man ihn. In Deutschland kennt man 
ihn nicht. Es ist auch besser. Denn seine 
furiosen Klang^Pandämonien, seine zerkrallten 
Quart-, Ganzton- und Quintfolgen, seine musi 
kalischen Kubismen würden allzusehr den sitt= 
samen Beethoven-Hörern die Ohrnerven ver= 
Bücher / 
Eckart v. Sydow: Die deutsche expressioni 
stische Kultur und Malerei. Mit 14 Bild^ 
beigaben. Furche-Verlag. Berlin 1920. 
Der Expressionismus ist nun einmal der Liöb 
lingstummelplatz der Kunstphilosophen. Es ist 
fast nicht mehr festzustellen, wie viele Bücher 
über die neue Kunst schon geschrieben wurden,- 
und wieviele noch geschrieben werden, kann 
man nur bange ahnen. Aber eine sachlich orien 
tierende, den historischen Tatbestand feststel 
lende, mit der Willkürlichkeit der expressioni- 
stischen Kunstterminologie aufräumende Dar 
stellung des ganzen Entwicklungsablaufes bleibt 
nach wie vor ein wichtiges Desiderium. 
Das Buch v. Sydows ist gewiß eine ernst 
gemeinte und ernstzunehmende Arbeit. Seine 
geistige Haltung gemahnt etwas an die der 
Schriften Fritz Burgers. Die Ausbeute an neuen 
Gesichtspunkten und fruchtbaren Gedanken ist 
für den Leser der ersten drei Abschnitte: Die 
expressionistische Kulturbewegung —- Die ex 
pressionistische Ästhetik — Die Inhaltsarten des 
expressionistischen Kunstwerkes recht ansehn 
lich. In den Künstlercharakteristiken des vierten 
Teiles wird stellenweise Wesentliches über die 
Persönlichkeiten angedeutet. Aber eben nur 
angedeutet. Man kommt über Aphoristisches, 
im besten Falle Essayistisches nicht hinaus. 
Der weite, klare Überblick fehlt, der sichere 
Griff, der den Knäuel der Erscheinungen ein= 
mal entwirrt. — Das Brauchbarste enthalten 
renken. Man begnüge sich also weiter mit den 
Rubinstein -Moszkowsky-T schaiko wsky-Limo^ 
naden, spiele Arensky und im besten -Falle 
Stcherbatcheff und ziehe getrost die „Pique- 
Dame" dem „Rossignol" vor. 
Aber vielleicht auch nimmt man sich an der 
vielgeschmähten Sowjetregierung ein Beispiel, 
die die besten jungen Komponisten und Inter 
preten besoldet und für Konzerte mit guter 
jüngster Musik Hunderttausende ausgibt, wäh 
rend hier die Größten mit Stundengeben oder 
Arrangieren ihr Leben fristen müssen, 
Hans Heinr. Stuckensdimidt. 
Kataloge. 
die letzten drei Kapitel: Die Geschichte der 
neudeutschen Expressionistik — Der Llnter- 
schied des deutschen, französischen und russi 
schen Expressionismus — Epochen des ab 
strakten Expressionismus in der bildenden Kunst. 
Auch diePersonalien^ und Literaturnachweise des 
Anhangs buchen wir auf das positiveKonto. L. Z. 
Schöpferische Konfession. Tribüne der 
Kunst und Zeit. Erich Reiß Verlag, Berlin. 
Heinrich Vogeler: Proletkult, Kunst und 
Kultur in der kommunistischen Gesellschaft. 
Paul Steegemann Verlag, Hannover 1920. 
RobertBrendel; Die große Hure, Paul Steege 
mann Verlag, Hannover 1920. 
F.W.Wagner: Jungfrauen platzen männertoll. 
Paul Steegemann Verlag, Hannover 1920. 
Johannes P. Kuhlemann: Consolamini, 
Dichtungen. Kairos-Verlag, Köln a. Rh. 1919. 
Hans H ansen: Das Erlebnis der Architektur, 
Kairos-Verlag, Köln a. Rh. 
'Eduard Buschbedt: Die Sendung Theodor 
Däubler. Verlag Ed. Strache, Wien, Prag, 
Leipzig. 
Alfred Grünewald: SonetteaneinenKnaben.- 
Verlag Ed. Strache, Wien, Prag, Leipzig. 
Jakob Wassermann: Die PrinzessinGirnara. 
Verlag Ed. Strache, Wien, Prag, Leipzig. 
00 
Georg Kulka: Der Stiefbruder. Verlag Ed. 
Strache, Wien, Prag, Leipzig. 
Hugo Sonnenschein: Erde auf Erden. Ver 
lag Ed. Strache, Wien, Prag, Leipzig.
	        
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