Volltext: Der Ararat (1 (1920), 8)

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RUSSLAND. 
Die neuen Arbeiten Alex. v. Jawlenskys. 
Vor Kriegsausbruch flüchtete der russische 
Maler und Gardeoffizier Alexei v. Jawlensky 
aus München, wo er 18 Jahre im freundschaft 
lichen und geistigen Verbände mit gesinnungs 
gleichen deutschen Künstlern gelebt hatte, ins 
schweizerische Tessin <Ascona>. Nach sechs 
jähriger Abwesenheit ist er jetzt wieder zu 
vorübergehendem Aufenthalt nach München 
zurückgekehrt, hauptsächlich um hier eine große 
Wanderausstellung durch* Deutschland vorzu* 
bereiten. In seinem alten Schwabinger Atelier 
konnte man in diesen Tagen den größten Teil 
seines oeuvre beisammen sehen und so einen 
guten Überblick über die Entwicklung dieses 
starken Künstlers, der neben Kandinskij und 
Chagall der hervorragendste Vertreter der neuen 
russischen Kunst ist, gewinnen, 
* 
Seine frühen Arbeiten <in der Mehrzahl Land^ 
schäften) sind noch impressionistisch. Eine Vor^ 
liebe für kräftige Farben <Rot vor allem) und 
Farbenklänge empfindet man als national be 
dingt. Der Einfluß van Goghs wird in durchs 
aus persönlicherWeise verarbeitet. Diese frühen 
Bilder wirken „westlicher" als die der nach^ 
folgenden Periode, in der sich die entschiedene 
Wendung zum Neuen vollzieht. Neben Land^ 
schäften entstehen in dieser Zeit jene für Jaw= 
lensky so typische Köpfe, die an Fajumpor= 
träts und altrussische Ikone erinnern. Die Farbe 
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wird exzessiv, orgiastisch. Sie ist es vor allem, 
die das Orientalische dieser Malereien aus 
macht. Rot schmettert, Gelb gellt, Grün faucht. 
Hieratische Strenge bändigt animalische Leiden^ 
schäften. Ein naturhafter Primitivismus, der 
ins Transzendentale weist. 
Die jüngsten Arbeiten Jawlenskys streben in 
Form, Farbe und Ausdruck nach Überwindung 
des Irdisch-Animalischen. An einer Reihe von 
Köpfen — Variationen eines jugendli<h=bart- 
losen Christus — läßt sich der genommene Weg 
verfolgen. Helle zarte Farben in substanzlosen 
Flächen. Betonung der geometrisch gesetzmä 
ßigen Formen. Ausdruck unirdischer Seelen^ 
zustände. Zeitlich parallel zu diesen Köpfen 
geht eine Serie von Landschaften, auf denen 
die Naturformen und ^färben ins Farbig Ab^ 
strakte umgedeutet sind in einem Sinne, der 
zwar Kandinskij nahekommt, aber doch durchs 
aus persönlich-eigenartig wirkt. 
Alle Arbeiten der letzten Zeit haben kleine 
Formate,- sie sind auf französisches Ölpapier 
mit Ölfarben gemalt und mit einer Wachslösung 
behandelt, die den Farben stärkere Tiefe und 
Bindung verleiht. L. Z. 
Bechtejeff Badende
	        
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