*) ,Anna Blume", Dichtungen: Bd. 39/40 der „Silbergäule 7 ', Verlag Paul Steegemann, Hannover.
Ein verträumter Künstler, in seinem Schaffen fern jeder
aktivistischen Tendenz, rein im Absoluten schwebend,—
als Mensch unpolitisch wie ein Kind, harmlos, gütig, friede
fertig, zieht seinen Weg.
Er saugt die Atmosphäre ein, die ihn umgibt. Unbewußt.
Er strömt ihre Wirkung aus im Schaffen. Unbewußt.
Bei der Arbeit fallen ihm jene Worte ein, die er an einer
Planke gelesen hatte. Sie mußten ihn in ihrer Naivetät
berühren.
Daß er sie auf sein Bild schrieb, daß sie Bildteil wurden,
ganz sinnlos, war wohl das Echo, das auf das Herüber^
schallen sinnlosen Zeitgeschehens aus ihm ertönte.
Ich habe das Erlebnis dieses Bildes damals in Worte
gefaßt, die im „Sturm" veröffentlicht wurden. Sie stehen
nun als Geleitwort in dem Buche „Anna Blume".*)
Da heißt es: „Er malte das Bildnis der Zeit und wußte
es nicht."
Das erscheint mir heute noch als das Wesentliche in den
folgenden Äußerungen Schwitters, um die es sich hier handelt.
Anna Blume, die nie Geschaute, wurde ihm zu einer
Vorstellung, zu einem Symbol. Nehmen wir an, es sei
das Leben, die Zeit.
Nach dem Prinzip der Merzmalerei schrieb er Gedichte.
Er übernimmt Worte, Sätze, — irgendwoher, die ihm,
nicht dem Sinne — aber der Klangwirkung nach, in seine
Äußerungen passen.
Er steht noch unter dem Druck der Sinnlosigkeit unsrer
Zeit und tönt sie aus in seinen Gedichten.
Ihr Grundton ist die Heiterkeit seiner Seele, ihr Gesicht
das Groteske.