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Man zweifelt daran, ob aus den hier in Betracht kommen
den Beweggründen, Stimmungen und — was vielen als
•das Widrigste erscheint — dem Material überhaupt ein
Kunstwerk entstehen kann.
Aus allem kann ein Kunstwerk entstehen, wenn Er
lebnis und Gestaltungsvermögen vorhanden sind.
Was erlebt wird, in welcher Art es gestaltet wird, ist
vollkommen nebensächlich.
Es muß nur erlebt und gestaltet sein.
Erlebnis bedeutet uns: künstlerische Empfängnis,- Ge
staltung: künstlerische Geburt.
Schwitters hat Erlebnis und Gestaltungsvermögen. Die
Vorbedingungen sind gegeben. Beides ist in den Merz
dichtungen lebendig.
Stellen wir uns zunächst richtig ein: Stimmung aus Klang
und Rhythmus ist das Wesen heutiger Kunst.
Sucht nicht nach einem Sinn in bürgerlicher Bedeutung.
Eine Dichtung ist keine Aussage. Dichtung ist tönendes
Wort, das Stimmung kündet.
Sucht nur nadi einem Sinn in der Stimmung.
Zunächst einige rein lyrische Akkorde aus Gedichten,
die zwar in dem Anna Blume-Buche enthalten, aber ganz
abseits vom Tage entstanden sind:
,„Am Rande meines Welkens bin ich sanfte Nacht/'
.„Ich taumeltürme welkes windes Blatt."
.„Riesengroß wächst der Wahn über die Weite."
„Kreisen Welten Du
Du kreist Welten."