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Es gibt verschiedene Arten zu lächeln.
Am Morgen hab' ich ein Kind gefragt, was die stei
nernen Pferdeköpse bedeuten, die aus den Dachfenstern
eines Hauses am Neumarkt starr und steif in die Welt
hinaussehen.
Da hat mir das Kind eine lange Legende anvertraut,
von einer Gräfin, die starb und wieder vom Tode aufer
wachte. Die Gräfin lag schon in der Ahnengruft. Da sind
böse Räuber gekommen, die schnitten der Gräfin den
Finger ab, gerade den Finger, an dem ein Diamantring
saß. Da ist die Gräfin im Totenkleide nach Hause gegan
gen, um die Mitternacht, und hat an der Glocke des Hau
ses am Neumarkt geschellt. Und die Dienerin kam an die
Tür und erschrak so sehr, daß sie die Herrin vor
Schreck beinahe draußen habe stehen lasten. Der Graf
aber sah seine Frau für eine Erscheinung an und sagte:'
„Eher werden meine Schimmel die Treppen hinauflaufen
und vom Fenster auf die Straße schauen, als meine liebe
Frau aus dem Grab wiederkehrt . . ." Da liefen die
Pferde die Treppen hinauf und sahen zum Fenster hinaus.
Drum seien die steinernen Pferdeköpfe angebracht wor
den. Die Kleine sah mich so triumphierend an und lä
chelte.
Wie anders, gezwungen, lächle ich. Mir war, als er
starrte dies Lächeln und blieb stundenlang auf meinem
Gesicht, noch als wir durch die vielen Kreuz- und Quer--
straßen gingen.
Der Herr wußte wohl gut Bescheid in der Stadt, denn,
er führte mich und ich bin nur so mitgegangen.