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„Nein, das kenne ich nicht. Vielleicht komme ich später
einmal dorthin."
Ich komme mir so dumm vor, und ich weiß gar nicht,
womit ich den Herrn unterhalten kann, aber ich weiß,
daß ihm meine Worte nicht das Wichtigste sind.
Er erzählt mir von einer Operette, die er gehört hat.
Und da sage ich: „Ich bin jahrelang aufgetreten als
Schauspielerin," und erzähle ihm, wie es auf den Dör
fern zugeht; von den Plakaten, die ich bemalte, und von
den Ratten aus Pappkarton, die der Rattenfänger von
Hameln an Schnüren über die Bühne zog.
Dabei gehen wir immer weiter, durch, viele Straßen.
' Er fragt mich: „Aus welcher Gegend stammen Sie
denn? Was sind Sie denn für eine Landsmännin?"
„Ich stamme von sehr hoch oben. Wo schon die dänische
Grenze beginnt."
Ich darf gar nicht genau sagen, woher ich bin. Mir
ist, als würde er sofort zu meiner Mutter fahren und mich
verklagen, daß ich hier in Köln spazieren gehe.
Wir schreiten aus, als wollten wir eine Fußtour ma
chen. Ich frage scherzend:
„Nicht wahr, wir gehen doch nicht aufs Land?"
Er lacht: „O bewahre. Warum sollte ich Sie denn aufs
Land führen? Wir haben nur einen Umweg gemacht.
Jetzt finde ich mich aber schon wieder zurecht. Sie können
ruhig Vertrauen zu mir haben."
„Das hab' ich auch. Sind Sie schon über den Rhein
gefahren?" frage ich, obgleich ich eigentlich nichts fragen
wollte.