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ein Echo deiner Geigenftimme durch Millionen Blüten
wälder: „Die Liebe wird nicht geliebt." Auf Schwingen
der rauschenden Klagestimme erreicht mich die kleinste
verebbende Welle. „Die Liebe wird nicht geliebt", so
sang er. Und was steht da? „Nummer 3 ist gestern nicht
bezahlt worden." „Die Liebe wird nicht geliebt . . ."
. . . Heiliger Stephanus, — der erste Märtyrer. Sein
Antlitz strahlte, wie das eines Engels: „Herr, rechne ihnen
diese Sünde nicht an." Dann gab er seinen Geist auf. Er
konnte ihn ja ruhig aufgeben, nachdem er für seine Fein
de gebetet. Im Angesichte Gottes liegt er begraben.
Licht erfüllt die Stube. Stephanus, der erste, der für
den Glauben starb, diese einzige Idee. Blutgerufener und
Blutzeuge zu sein.
. . . Blut? — Was ist denn das? Das bedeutet . . .
Ich wende mich ab und eine Ahnung steigt in mir auf,
und es krümmt und bäumt sich in mir, denn alles ist ver
mischt und liegt durcheinander: Reines und Unreines. Mir
schwindelt.
„Worauf warten Sie noch, Fräulein?"
„Ich? Worauf ich warte? Worauf warte ich denn
noch? 2a so, ich warte auf den Herrn von oben. Auf mei
nen Freund. Kommt er denn noch immer nicht?"
Die Frau läuft auf den Korridor hinaus, kommt zu
rück, erregt: „Fräulein, der ist Ihnen durchgebrannt. Ja,
der ist weg. Warum paffen Sie aber auch nicht besser auf?
Sie hätten sich doch sichern müssen. Gott, stehen Sie doch
nicht so versteinert da. Das hilft nichts."