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begegnet: „Gehen Sie mir aus dem Weg!" Bei dem
Worte „Sie" fühlt er die große Distanz, die zwischen uns
beiden besteht, und ist mir feindlich gesinnt; knurrt mich
an, weil er sehr wohl fühlt, daß ich bei aller Abneigung
ihn fürchte. Ich halte ihn für heimtückisch. Aber er ist
der Liebhaber Fannys, und auch die Liebe, die sich auf
ein falsches Objekt beruft, muß man gelten lasten, denn
sie ist eine Art Heilmittel gegen Widrigkeiten.
Elna und manche andere haben nun die Vorliebe —
oder hier muß man wohl die Liebe sagen — für einen Zu
hälter. Das ist wohl die seltsamste Art Liebe.
Ich habe den früheren Zuhälter Hennys gefragt,
warum man die Zuhälter „Louis" nennt. Da sagte er mir
mit einer seltsamen Herrschergebärde:
„Wir sind nach dem Sonnenkönig Ludwig so benannt."
Das war mir interestant zu hören. Ich sah mir
den Schlüter — so heißt der abgesetzte Freund Hennys —
näher an und bemerkte, daß seiner breiten, aber niedri
gen Stirn, die brutal und zugleich gewaltig wirkt, seinen
ruhigen kalten Augen das Befehlen und Ueberlegensein
angeboren ist. Es ist nichts Künstliches in der Erschei
nung Schlüters. Seine kurzen schwarzen Haare liegen
straff zurück, als bedürften sie nicht, gekämmt zu werden.
Er lächelte, als ich ihn so genau ansah. Da bewun
derte ich seine lüsternen, scharfen Raubtierzähne, die
hart in einer Reihe nebeneinander saßen. Sie sahen
so bereit aus.
Wir saßen nebeneinander im Cafe und er warf gierig
einen Kognak in den offenen Mund.