Bild zeichnen. Es lege sich tief in jedes Herz, das sich
betroffen fühle und bewegt von dem Schicksal dieses
Mädchens, das sein Leben auf der Straße suchte und un
schuldig war.
Ihr Herz war in tiefe Trauer gehüllt, denn ihr Opfer
barg die Oual des Gewisiens in sich, da sie sich so er
niedrigen mußte. Die feuerrote Feder auf ihrem Hut —
bei diesem Anblick fallen die Tränen aus meinen Augen.
Kein Witwenkleid aus Krepp, kein Nonnenkleid, darin
ein noch lebensdurstiger Mensch, vermochten mich in sol
che Trauer zu versetzen, wie die rote Feder, die einsam
auf dem Hute der kleinen Sonja weht. Alle stummen
Zeugen, die von dem Martyrium eines Mädchens be
richten, habe ich aufgezeichnet. Das Bild Sonjas in
meine Seele aufgenommen, wohin ich alle meine Andacht
trage. Zu deiner Feier, Sonja, lese ich das Evangelium,
das du dem Mörder und Menschen lasest: die Geschichte
vom armen Lazarus. „Ich bin die Auferstehung und das
Leben!"
Durch diese Worte, die so tief durch dich hindurch
gingen, deren Sinn du erlebt, verführtest du den Men
schen Raskolnikow zum Geständnis seiner selbst. Brann
test du hinweg alle kleinliche selbstische Liebe, und führtest
den Menschen, besten Hände gemordet, zu jener Liebe, die
über ihn hinausgeht. Durch dich, Sonja, erreichte dein
Freund und Geliebter, der Mensch und Mörder, seine
Erfüllung und die Erlösung. Du legtest ihm das Kreuz
um den Hals und bedeutetest ihm dadurch, daß jede Tat
muß vollendet sein, daß der Mensch der verantwortliche
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