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Wieviel der Kellner wohl bezahlen muß nach meinem
Tode?
Aber das ist doch gar nicht wichtig. Wie lächerlich,
daß ich noch rechnen will. Ich habe ja gar nichts mehr
zu berechnen. Viel zu viel habe ich schon gerechnet. Ich
spreche mir zu. Sowie man tot ist, wird nicht mehr ge
rechnet. Schon während der Agonie läßt das nach. Ster
bend werden unbezahlte Rechnungen, um die man sich im
Leben verzweifelt bemüht hat, sie zu zahlen, Bagatellen,
und wunderbar vertieft sich der Glaube zur klarsten Er
kenntnis: „Ich hätte ohnedies nicht zahlen können —
jetzt zahle ich erst recht nicht."
Lächelnd versinke ich in das kostenlose Reich. Was könn
te ich mehr wollen? Ich trinke den Rest Bier und sage:.
Der Tod hebt alle Eide auf (siehe Schiller, „Kabale und
Liebe") . . . Jetzt kommt das letzte Stückchen Zervelat-
brot. Mit liebender Langsamkeit soll es genosien werden!
„Herr Ober, noch einen Kognak bitte."
Ich lächle. Bin schon jenseits. Ich darf lächeln, ohne
Furcht, das Lächeln zu bereuen.
„Herr Ober, das ist aber auch das letzte. Sie haben
viel Mühe mit mir gehabt. Es ist aber auch das letzte."
„O bitte . . ."
„Nein, sagen Sie nichts dagegen. Es ist so. Aber ich
werde jetzt gleich gehen. Wirklich gehen."
„Gnädiges Fräulein sind auf der Durchreise hier?"
„Ja, leider, leider. . ."
„Hübsche Stadt, Köln."
Ach, wenn ich das doch empfinden könnte! „Ja, es mag