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Der Leiter des Kabaretts hat mir erlaubt, mich nach
meiner Nummer auf mein Zimmer zurückzuziehen, weil ich
mich nicht wohl fühle. Es ist gut so. Da unten habe ich
bereits begonnen, die Kavaliere zu enttäuschen.
Sie werden mich jetzt beim Direktor verklagen, sich
über meine Unnahbarkeit beschweren, die Kavaliere, oder
die Kellner, die die Einladungen vermitteln und dabei ihre
Hauptgeschäfte machen.
Mein Gott, ist denn Enthaltsamkeit eine Todsünde? Ge
lingt es mir nicht mehr, auch nur einen Kellner zu befrie
digen? Die glauben an unbegrenzte Möglichkeiten, als
fliege uns das Geld nur so in den Schoß.
Drei Kronen Provision habe ich für die Vermittlung
einer Einladung gegeben, an der ich selbst nicht einen Hel
ler verdiente. Gab das Geld aus lauter Angst, der Kellner
könne meine Entlastung bewirken, denn darin ist er bei
nahe allmächtig.
Von Kavalieren höre ich, daß mehrere Kellner ihnen
meine Eigenschaften gepriesen und anempfohlen haben;
Eigenschaften, von denen sie nicht das Geringste wissen
können. Aber noch weniger weiß ich selbst davon.
Vorgestern abend führte mich der Kellner in ein apar
tes Zimmer der Bel-Etage. Zwei Frackherren saßen im
Sofa, die Französin und die Wienerin in der Mitte.
Einer, der für mich ausersehen war, lehnte im Klub
sessel. Begrüßte mich, als habe er mit Spannung auf mich