4 Hennings, Brandmal
49
kennt kein Gebot" wurde nicht für mich gemacht. Das gilt
bei mir nicht.
Kaum brannte das erste Geld in meiner Hand, erstand
in mir eine neue Sehnsucht. Wenn man einen Glauben
verloren hat, sucht man wohl einen neuen Glauben. Ohne
Glaube kann ich ja gar nicht leben. Wer könnte denn
das? Was aber habe ich denn verloren? Welchen Glau
ben? Und was ist erschüttert in mir? Ist das etwa das
Neue, daß ich jetzt daran glauben muß, Preisgabe könne
zahlbar sein? Habe ich denn das erst jetzt erlebt? Es ist
mir wohl jetzt erst aufgefallen, da ich es zu sehr erlebe. Es
wäre ja viel bequemer, nicht zu sehr zu erleben. Nur so
anzusehen und vorüberzugehen. Es wäre ja viel flüchtiger,
doch auch nicht so schmerzhaft.
Jetzt aber ist es durch mich hindurchgegangen. Nichts
anderes, als was täglich durch viele, sehr viele Menschen
hindurchgeht. Und ich werde die andern anders ansehen.
Oh, daß man selbst durch das Leben so sehr hindurchgehen
muß! Sich zu begreifen, damit man die andern begreifen
lerne. Wie unempfindlich man doch leben kann, während
Menschen das Empfindlichste, stch selbst, Fleisch und Blut
preisgeben!
Meine Hingabe hatte nichts mit Geld zu tun. Und
jetzt schreit mir eine ganze Stadt von der Hingabe. So
wird es in allen Städten sein. In der ganzen Welt wird
Hingabe sein. Wie könnte es anders sein? Jetzt stnd in
allen Schaufenstern Herrlichkeiten ausgebreitet. Wie ver
lockend liegen ste, dargeboten jedem schönheitshungrigen
Auge. Preisgegeben ist alles und muß bezahlt werden. Wie