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Man war ja recht nett zu mir, als ich mich vorstellte,
aber ich war ja auch sehr mutig und frisch.
Erst wurde ich nicht klug daraus, was ich dort machen
solle. Ich dachte, ich müsse den Wein servieren, und könne
vielleicht, wenn die Gäste versorgt seien, in einer Ecke
idyllisch sitzen und als ein Haustöchterlein sticken. Aber
von alledem war nicht die Rede.
Ich brauchte den Wein gar nicht an den Tisch zu brin
gen. Hatte nichts anderes zu tun, als ihn selbst zu trin
ken und dafür besorgt zu sein, daß mein Gast immer ein
volles Glas habe, und daß es wieder leer würde, und dann
wieder eingeschenkt. Und bei alledem mußte ich mich unter
halten.
Ich kann mich nur an die ersten Stunden der Unterhal
tung erinnern. Nachher schwamm mir die ganze Stube
sechsfach vor den Augen und meine Zunge kam mir ver
rückt vor wie eine heiße Lawine, was es doch gar nicht
gibt. Daß in solch einer kleinen rheinischen Bauernstube,
mit niedrigen Butzenscheiben, biederen Holztischen und
naiven Hockerln, soviel Dämonie stecken kann, hätte ich
mir auch nicht träumen lassen ...
Ich werde doch wieder hingehen; einzig um soviel
Geld zu verdienen, daß ich meine gütige Zimmerwirtin
nicht zu enttäuschen brauche.
Vielleicht ist heut abend kein junger Vater da, dessen
Frau soeben ein Kind bekommen hat, und mit dem ich
dann „Liebfrauenmilch" trinken muß. Heut' abend ist
vielleicht irgendein anderer da.
Daß dieser junge Vater gerade mich aussuchte, um auf