des Vaters sitzen, während Nettchen zu seiner Rechten
saß. Ich habe nur angesehen, was Nettchen macht.
Wie unbegreiflich war mir ihr Bemühen um diesen
unbekannten Menschen. Es war mir unheimlich. Ich
dachte an dieses Mannes Frau, die ein Kind bekom
men hat. Ich konnte mich dieses Gedankens durchaus nicht
erwehren.
Bin ich denn mit dieser Frau verwandt? Wie habe ich
doch nur so unruhig sein können! Am liebsten wäre ich zu
dieser mir wildfremden Frau gegangen. Als sei sie meine
eigene Frau. Wie seltsam, ich bin doch selbst eine Frau!
Ich bin doch selbst eine Frau.
Wie Nettchen scheinbar so ganz ohne Widerwillen mit
fremdem Fleisch herumhantiert! Ob sie das jeden Abend so
macht? Darüber muß sie doch verrückt werden. Es kann
doch nicht gesund sein, wenn sie so ohne Empfindung sich
mit etwas beschäftigt. Das beschäftigt mich sehr.
Was empfindet sie nur, fragte ich mich. Eine beinahe
quälende Wißbegierde ist in mir, noch immer. Ich will
alles wiffen.
Sie hat ihn gestreichelt. Er sah ganz zärtlich aus. Aber
sie kann ja nichts empfunden haben, sie wußte doch, daß
er ein junger Vater war, der seinem Kinde und der Mut
ter seines Kindes gehört. Wer kann so etwas vergessen!
Freilich, wenn der Vater selbst es vergißt, wenn das
Geschäft es erfordert — das Geschäft kann ja sehr un
barmherzig sein — ... aber ein Vater, eine Mutter, ein
Kind . . . Oh, du heilige Familie!
Dann dachte ich wieder an die fremde Frau, an die
5 Hennings, Brandmal 65