„Aus den Tiefen rufe ich zu dir, o Herr. Herr, erhöre
meine Stimme."
Auf meine kleine Straßenandacht möchte ich nicht ver
zichten, aber ich muß wohl auch mal wieder etwas kaufen.
Soll ich jetzt doch den Psalter kaufen? Er scheint mir das
einzige zu sein, was zu „Raskolnikow" paßt. Und ich
würde dann eine kleine Bibliothek besitzen.
Die „Goldmacherkunst" kostet achtzig Pfennige, ein
Preis, der, wenn man bedenkt, daß es sich um eine ein
trägliche Sache handelt, nicht zu hoch erscheint. Ich ge
stehe, daß ich eine ganze Stunde lang nachgedacht habe, ob
ich mich nicht auf die Goldmacherkunst verlegen soll.
Aber die Versuchung war doch nicht so groß, daß ich
sie nicht schnell überwinden konnte. Hütte ich nachgegeben
und mich dann zu sehr auf die eine Sache konzentriert,
der Ozongeruch wäre mir vergangen, die achtzig Pfen
nige wären weg gewesen, und wer weiß, ob die Rezepte
des Buches gestimmt hätten. Stimmten sie aber nicht, so
wäre ich gewiß unglücklich geworden.
Ich finde auch, man soll in einer Richtung bleiben,
denn die Goldmacherkunst verträgt sich nicht mit „Ras-
kolnikow", und auch nicht mit dem Psalter. Ich habe mich
schon geschämt, daß es mich einen Augenblick gelüstet hat.
Ich weiß nur nicht, wem ich diese Untreue abbitten soll.
Das Ehepaar ist recht zufrieden mit mir. Ich liefere
ihnen jede Woche meine Geldbeträge ab, die oft die an
sehnliche Summe von fünfzig Mark ausmachen.
6 Hennings, Brandmal
Sr