„Halte dich nicht bei der Wahrheit auf, denn die ist das
Häßliche."
„Das könnte sich doch nur auf die Erde beziehen," sagt
ein drittes.
So werde ich bestürmt und fühle mich, als würde ich
hin und her geworfen.
Das Unheimlichste scheint mir die letzte Stimme zu
sein: „Nur nichts bedenken."
Das ist der leibhaftige leichtsinnige Uebermut, der ist
außerordentlich verfänglich, weil man ihm nicht ungern
zuhört und ihn kaum bemerkt. Dann rieselt es mir so
frisch durch die Adern. Ich gehe unwillkürlich schneller,
als müsse ich zu einem Ziele kommen.
Am Abend, wenn ich beim Wichtelmännchen-Denkmal
stehe und ein Freikonzert höre, spielt man den Marsch des
Toreadoren aus „Carmen". Ich empfinde die Freude,
mit Gefahren zu spielen, die ich nicht kenne, von denen
ich nur träume, und die nur in mir sind.
Es ist, als könne ich in meiner furchtlosen Lustigkeit
die Löwen kitzeln. Das sind gewiß Träume, das Sichtbare
fesselt mich nicht ernsthaft genug. Diese Musik aber ist ein
Tummelplatz, ein weites Feld der ungezügelten Phanta
sie, und es gefällt mir, daß sich in dieser Musik jeder in
Freiheit austoben kann.
Beim Anhören der Musik dachte ich: in Wahrheit gibt
es doch keine Gemeinschaft, und nichts von Ueberein
stimmung. Aber genau und überall kann natürlich nichts
stimmen. Auch das stimmt nicht, daß es nicht stimmt.
In dieser fragwürdigen Stimmung dachte ich an einen
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