Full text: Flametti oder vom Dandysmus der Armen

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Die Soubrette nahm Platz. „Laura heisse ich.“ 
„Fräulein Laura — hübscher Name!“ sagte Herr 
Seidel und legte den Arm um ihre Stuhllehne. 
Jenny entging es nicht. Sie hatte die Kasse gezählt 
und winkte Flametti. „Da nimm: Hundertneunzig 
Franken.“ 
Flametti schob das Geld mit gekrampfter Hand in 
die Hosentasche und fühlte sich verpflichtet, eine Weile 
stehen zu bleiben. 
„Wo ist die Traute?“ fragte Jenny. 
„Was weiss ich, wo die Traute ist!“ fuhr er auf, 
„sie wird tanzen.“ 
Jawohl, Fräulein Traute tanzte. In ausgelassenem 
Vorüberschieben warf sie Flametti einen kokett-auf- 
fordemden Blick zu. Hei, flog ihr Kopf in den Nacken! 
„Ja ja, die Jugend!“ träumte Frau Schnepfe resig 
niert. 
„Uff!“ schnaubte Flametti, „das war eine Hetze!“ 
Jetzt lief es von selbst. 
Vorbei schob: Herr'Scherrer, Handlungskommis aus 
Wien, mit Fräulein Rosa. Vorbei schob: Herr Glatt, 
turmhoher Stehkragen, Handlungskommis aus der Mark 
Brandenburg, mit Fräulein Güssy. Vorbei schob: Herr 
Pips mit der hüftengewaltigen Lydia. Vorbei schob: 
der Herr Krematoriumfritze, mit der in Feldgrau. 
„Das ist der andere!“ flüsterte Jenny vertraulich 
Raffaela zu. „Schwer reich. Der spendiert nachher Sekt. 
Immer französischen Sekt. Er tut jetzt so, als säh’ 
er mich nicht.“ 
„Stattlicher Mann!“ gab Raffaela sich Mühe. Es 
schien ihr ein wenig drauf anzukommen, Jenny die 
Ruhe zu nehmen.
	        
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