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Am Abend indes bei der Vorstellung waren Mutter
und Tante längst wieder versöhnt. \
Uebermütig und ausgelassen stocherten sie, wenn
Bobby seinen Bogen schlug, mit den Angelruten der
,Nixen* durch die KulisSenwand nach Bobbys Bäuch
lein und knäbischer Druse.
In der Garderobe kneipten sie mit den Locken
scheren die sanftmütige Rosa, dass diese, halb aus-,
gezogen und mit beiden Händen den wertvollen Busen
schützend, laut kreischend, bis auf die Bühne rannte.
Als aber die Kavaliere ausblieben und sich auch
sonst nichts regte, wandte sich auch bei ihnen das
Temperament mehr nach innen.
Das bisschen Vorstellung, die paar Tänze, der
Schnack, das alles resorbierte sie nicht. Der Zirkus
beschäftigt mehr, fordert mehr Kraftaufwand, bietet
indes auch mehr Sensation und Belustigung.
Sie vermissten die nötige Reibung, den Zug, den
Elan. Die Verpflanzung bekam ihnen nicht. Die Stille
reizte sie auf.
Als man am Mittagstisch sass, kamen zwei Briefe
an: einer für Lydia, einer für Raffaela. !
„Ein Brief von meiner Mama!“ rief Lydia, riss das
halbe Tischtuch mit, als sie aufsprang, und las gierig,
mit langem Gesicht.
„Ein Brief von meinem geliebten Männe!“ schrie
Raffaela und tanzte, den Brief in der Luft mit Küssen'
bedeckend, auf den Filzpantoffeln. ;
Leporello, neugierig, brachte seinen Kaumechanis
mus ins Stocken. *
„Was schreibt se denn?“ fragte er und schnitt auf
dem Holztisch sein Brot.