Full text: Flametti oder vom Dandysmus der Armen

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Vom Draht, der jetzt der Länge nach durch das 
Lokal gespannt war, fiel sie, ein zweites Mal herunter, 
mitten auf einen mit Gästen besetzten Tisch, wo sie, 
zwischen Biergläsern, verdutzt und verschämt einen 
Augenblick lächelnd stehen blieb, eine bierschaumge 
borene Venus. 
Bösartig aber gebärdete sich Lydia. 
Sie schimpfte aufs Essen, auf ihr kaltes Zimmer, 
auf die Männer, die samt und sonders Sklavenhalter 
und Ausbeuter, Tagediebe und Unterdrücker seien, 
die kein Geld herausrückten. 
Sie lieh Jennys Petroleumofen aus und gab ihn, 
ausgebrannt, ruiniert und durchlöchert zurück. 
Hin war der Respekt vor Flametti und seinen ,In 
dianern*. 
Wenn sie Flametti sorgfältig sich schminken sah 
in der Garderobe, schminkte sie selbst sich in niedriger 
Farcerie ostentativ einen Körperteil, von dessen Aus 
beutung für Theaterzwecke selbst die Wilden der Süd 
see sich nichts hätten träumen lassen. 
„WarP nur! Ich werd' es der Mama schon schrei 
ben!** rief Raffaela verletzt und entrüstet. 
Aber dann brach die empfindsame Lydia in heftige 
Tränen aus: 
„Nicht einmal Spass darf man machen! Was hat 
man denn noch vom Leben? Aufhängen möchte man 
sich!** 
Und als eines Tages sich Leporello die Freiheit 
nahm, mit Flametti zusammen einen Rennstall zu be 
sichtigen, brach zwischen Lydia und Lepo ein solch 
abgründiger Hass aus, dass sich Herr Schnepfe ge
	        
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