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Jahre, die so himmelblau und sommerlich begonnen,
hatten sich verschwärzt.
Ein verschwärztes Mädchen, sass Fräulein Theres
in der verlassenen Stube, wenn ihre Herrschaft zum
Konzert gegangen war.
Eine Halbe Bier stand vor ihr auf dem Tisch und
Fräulein Theres rauchte Stumpen, den Arm auf den
Tisch gestützt, die müden Glieder nur mit Seufzen
hebend, wenn das Gas heruntergebrannt war und man
ein neues Zwanzigcentimes-Stück in den Automaten
werfen musste.
Alle vierzig grauen Schleppen der vergangenen vier
zig grauen Jahre schleppte Fräulein Theres mit in
ihren Röcken. Und jetzt gönnte man ihr sogar das
Bier nicht mehr und die Stumpen. i
Eine Erbitterung überkam Fräulein Theres und sie
beschloss, selbst wenn sie täglich ,geschumpfen‘ würde,
ihren Gliedern eine strengere Leistung nicht mehr zu
zumuten.
Was konnte geschehen? Mochte man sie weg
schicken! Irgendeine Lebensfreude muss der Mensch
haben. Die Zigaretten ihrer Jugend hatte sie sich
abgewöhnt. Auf die Stumpen ihres Alters würde sie
nicht verzichten. Nie und nimmer. Zuletzt blieb im
mer noch eine Freistelle im Spital oder in einem Sie-
chenheim. Sie verdiente das. Sie hatte sich redlich
geschunden.
Und wenn Jenny ihr dann vorhielt:
„Theres, wir müssen früher aufstehen! Theres,
ich kann keine Bierschulden mehr für sie zahlen!“,
dann gab Fräulein Theres gleichgiltig brummend
und grob zur Antwort:
Flametti. 13