198
Emils gedachte sie beim Anblick der Gans, dieses
Wahrzeichens von Kultur und Wohlstand, dieses In
begriffs aller heimischen Geborgenheit und ehelichen
Einfalt. Ihres fernen Emils gedachte sie und glück
licherer, vergangener Zeiten. Salzige Tränen rannen ihr
über die schlaff geweinten Wangen...
Gelang es Jenny auf diese Weise, den am Verfall
sich mästenden Zynismus der beiden Scheideisen zu
knebeln, so sah sie doch ein, dass damit nur die Hälfte
der Arbeit geleistet war.
Gefährlicher drohten die stilleren Elemente des En
sembles: Herr Meyer, dieser Idealist, dem es nicht
passte, dass Flamettis Flagge auf Halbmast wehte;
der 'sich ganz persönlich betroffen fühlte von Flamettis
Fehltritt und seinem Verzicht auf ein erstklassiges Re-
nomme.
Fräulein Laura, die gewiss an dem Meyer schürte,
weil es sie juckte, selbst die Direktorin zu spielen,
an der Kasse zu sitzen und das Geld einzuheimsen,
statt mit der Kassiermuschel durch das Lokal zu tippeln.
Jenny entging nicht die heimliche Verschwörung,
die man im ,Krokodilen' geschmiedet hatte.
Freilich musste der Meyer sich einbilden, er könne
so gut wie Flametti ein Variete aufmachen. Was war
leichter als das? '
Freilich glaubte diese Laura, sie kenne den verstoh
lensten Geschäftskniff, weil es ihr gelungen war, Jenny
den Seidel & Sohn auszuspannen.
Aber Sie sollten sich verrechnet haben.
„Bis hierher und nicht weiter," sagte sich Jenny.
„Wenn sie Weggehen, sind wir pleite."