Volltext: Flametti oder vom Dandysmus der Armen

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„Also schiessen Sie los!“ sagte Flametti. Und Herr 
Meyer holte weit aus. 
Mit den Zuständen vor Kriegsausbruch begann er, 
gab einen Inbegriff seiner Familie, kam dann auf seine 
Geburt zu sprechen, berührte kurz seine Konfirmation 
und das Knabenalter, schwenkte dann über zur Gym 
nasiastenzeit, immer das Typische unterstreichend. 
Flametti sah ängstlich auf seine Uhr. Sieben Minu 
ten vor acht. Um acht Uhr begann die Vorstellung. 
„Kurz und gut?“ fragte er und sah Meyer gespannt 
ins Gesicht. 
„Wir wollen weg, wollen uns selbständig machen.“ 
„Also doch!“ meinte Flametti, ein wenig betroffen. 
„Ja,“ sagte Meyer. „Ein gutes Einvernehmen be 
steht ja doch nicht mehr. Ihre Frau hat das zerstört. 
Laura hat die Affäre mit den Rezepten. Wir brauchen 
ein Attest für sie. Das kostet Geld. Ich brauche eine 
neue Hose, ein Paar neue Stiefel. Das Leben stellt 
Ansprüche. Kurzum: es geht nicht mehr.“ 
„Tun Sie, was Sie nicht lassen können,“ sagte Fla 
metti. „Sie müsseiFs am besten wissen. Ich will Ihrem 
Glück nicht im Wege stehen. Wenn Sie glauben...“ 
„Ich glaube!“ sagte Meyer. 
„Na, gehen wir zur Vorstellung!“ 
Und Flametti zahlte, auch für den neuen Herrn 
Direktor, der zu schüchtern war, ,Lina‘, ,Frieda', oder 
,Kathrein' zu rufen. 
Und Flametti sah, was da kommen würde, lächelte 
ironisch, und man ging. 
Jenny hätten Sie sehen sollen an diesem Abend! 
Glacehandschuhe zog sie, gewisermassen, über die 
Zunge. So spitzig und kalt, so unnahbar verächtlich
	        
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