Volltext: Flametti oder vom Dandysmus der Armen

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„So so!“ meinte Frau Schnabel skeptisch und dünn, 
als habe sie den Pips an der Zunge. Sie neigte den 
Kopf zur Schulter, drehte die Hand in der Schürzen 
tasche und sah mit hochgezogenen Augenbrauen hin 
unter auf ihren Spangenschuh. 
„Konferenzier und Improvisator — Berühmtheit!“ 
versicherte Flametti. „Fünfhundert Franken Gage. 
Karrieremacher. Feiner Kerl!“ 
„Waren ja Freunde, ich und der Rotter,“ wandte 
er sich an Madame. „Je Gott! Dort drüben“ — 
er zeigte nach einer Nische — „nebeneinander sind wir 
gesessen und haben Asti gezecht!“ 
Und wieder zu Herrn Schnabel: „Erinnern Sie sich? 
Und im ,Bratwurstglöckli‘ z’Basel: Sie kennen doch 
den Rotter, was der für ’nen Appetit hat! — Als der 
Kaiser nach Bern kam: wer hat das Begrüssungsge- 
dicht verfasst? Erinnern Sie sich?“ 
Herr Schnabel hatte die Hand in Zangenform an 
die Stirne gelegt. „Richtig!“ fuhr er in grossem Bogen 
von der Stirn weg in die Luft. 
„Macht ja Karriere!“ rühmte Flametti und schob 
klotzig den Unterkiefer vor, um die brutal vordrängende 
Energie des Herrn Rotter respektvoll zu charakteri 
sieren. „Verdient ja ein Heidengeld! Stadtgespräch!“ 
„Na und jetzt?“ interessierte sich Herr Schnabel. 
„Unnahbar. Nichts zu machen. Keiner kommt an 
ihn ran. Wie abgeschnitten.“ 
Und wieder mit unwiderstehlicher Grossartigkeit 
zu Madame Schnabel: „Ein Talent! Der Kerl schüttelt 
die Verse nur so aus dem Aermel. Stundenlang. Phä 
nomenal.“ 
„So so!“ lächelte Frau Schnabel wie oben, mit
	        
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