Das Wort und das Bild.
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tastet bleibt und alles sich noch unendlich mehr kompliziert.
Dann ist alle Aussicht vorhanden, daß der ,Ewige Jude' ein
Pendant findet im ,Ewigen Deutschen' und daß wir zum Beispiel
werden für eine Gesinnung, die alle Hauptsachen des Lebens
zu Dingen der Peripherie und der Zutat herabsetzt.
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Den Sinn schärfen für die einzigartige Spezialität einer Sache.
Die Nebensätze vermeiden. Immer geradezu und direkt Vor
dringen.
Die vollendete Skepsis ermöglicht auch die vollendete Frei- 8. IV.
heit. Wenn über den inneren Umriß eines Gegenstandes nichts
Bestimmtes mehr geglaubt werden kann, muß oder darf, — dann
ist er seinem Gegenüber ausgeliefert und es kommt nur darauf
an, ob die Neuordnung der Elemente, die der Künstler, der Ge
lehrte oder Theologe damit vornimmt, sich die Anerkennung zu
erringen vermag. Diese Anerkennung ist gleichbedeutend mit der
Tatsache, daß es dem Interpreten gelungen ist, die Welt um ein
neues Phänomen zu bereichern. Man kann fast sagen, daß, wenn
der Glaube an ein Ding oder an eine Sache fällt, dieses Ding
und diese Sache ins Chaos zurückkehren, Freigut werden. Viel
leicht aber ist das resolut und mit allen Kräften erwirkte Chaos
und also die vollendete Entziehung des Glaubens notwendig, ehe
ein gründlicher Neuaufbau auf veränderter Glaubensbasis er
folgen kann. Das Elementare, Dämonische springt dann zu
nächst hervor; die alten Namen und Worte fallen. Denn der
Glaube ist das Maß der Dinge, vermittels des Wortes und der
Benennung.
Die Kunst unserer Zeit hat es in ihrer Phantastik, die von
der vollendeten Skepsis herrührt, zunächst nicht mit Gott, son-