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Das Wort und das Bild.
Janco hat für die neue Soiree eine Anzahl Masken gemacht,
die mehr als begabt sind. Sie erinnern an das japanische oder
altgriechische Theater und sind doch völlig modern. Für die
Fernwirkung berechnet, tun sie in dem verhältnismäßig kleinen
Kabarettraum eine unerhörte Wirkung. Wir waren alle zugegen,
als Janco mit seinen Masken ankam und jeder band sich sogleich
eine um. Da geschah nun etwas Seltsames. Die Maske verlangte
nicht nur sofort nach einem Kostüm, sie diktierte auch einen ganz
bestimmten pathetischen, ja an Irrsinn streifenden Qestus. Ohne
es fünf Minuten vorher auch nur geahnt zu haben, bewegten wir
uns in den absonderlichsten Figuren, drapiert und behängt mit
unmöglichen Gegenständen, einer den andern in Einfällen über
bietend. Die motorische Gewalt dieser Masken teilte sich uns in
frappierender Unwiderstehlichkeit mit. Wir waren mit einem Male
darüber belehrt, worin die Bedeutung einer solchen Larve für
die Mimik, für das Theater bestand. Die Masken verlangten ein
fach, daß ihre Träger sich zu einem tragisch-absurden Tanz in
Bewegung setzten.
Wir sahen uns jetzt die aus Pappe geschnittenen, bemalt und
beklebten Dinger genauer an und abstrahierten von ihrer viel
deutigen Eigenheit eine Anzahl von Tänzen, zu denen ich auf
der Stelle je ein kurzes Musikstück erfand. Den einen Tanz
nannten wir „Fliegenfangen“. Zu dieser Maske paßten nur plumpe
tappende Schritte und einige hastig fangende, weit ausholende
Posen, nebst einer nervösen schrillen Musik. Den zweiten Tanz
nannten wir „Cauchemar“. Die tanzende Gestalt geht aus ge
duckter Stellung geradeaus aufwachsend nach vorn. Der Mund
der Maske ist weit geöffnet, die Nase breit und verschoben. Die
drohend erhobenen Arme der Darstellerin sind durch besondere
Röhren verlängert. Den dritten Tanz nannten wir „Festliche Ver
zweiflung“. An den gewölbten Armen hängen lang ausgeschnit
tene Goldhände. Die Figur dreht sich einige Male nach links