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Das Wort und das Bild.
Brussada,
10. VII.
schönen Bildungs-, Moral- und Kulturworten ebenso wenig ein
nehmen ließe; der sich aber gegensätzlich, gegen die ,Freiheit',
gegen die Spötter, gegen die Naturreligion, gegen die Raubtier
schönheit, gegen die insgesamte Verlegenheit entschiede? Was
würde man mit ihm beginnen? Würde er nicht im Innersten
erzittern müssen? Die Einsamkeit dessen von Sils-Maria wird
in Kürze ihren Ablauf haben. Wenn aber ein Katholik auf ihn
folgte; wenn einer käme, der begriffe, daß die Zeiten der Boni-
facius und Ignatius noch nicht vorüber sind, ja daß sie wenig
gefruchtet haben? Was würden die vereinigten Sachsen und
Preußen mit ihm beginnen?
*
Seit zehn Tagen hier oben auf der Alp Brussada im Maggiatal.
Es ist ein Klettern über gefährliche Lawinenstürze, Schluchten
und Felsüberhänge, will man die Alp finden. Fremde können sie
von weitem sehen, aber nicht erreichen. Ein schmaler Pfad, den
man gebückt passieren muß, führt, im Heidekraut verloren, an
steiler Felswand zu uns hin. Ein wahres Inferno von Wasser,
Schlucht und Getöse tritt dem Besucher entgegen. Zwischen blü
henden Kirschbäumen, auf einer von tausend Zikaden bewohnten
Wiese liegt dann unsere Hütte. Wir haben ebenso weit zum
ewigen Schnee wie zum nächsten Dorf. Eine Salutaristenfamilie
in Ronchini, die Alpen ankauft für die Zeit der bevorstehenden
Christenverfolgung, hat uns einen Hirten als Führer mitgegeben,
sowie eine weiße Ziege. Wir backen Brot und rühren im Kupfer
topf die Polenta. Es war eine beschwerliche Expedition hier
herauf, die Ziege am Band und im Cerlo die Schreibmaschine.
*
Zu „Empire knoutogermanique“ (von Bakunin, oeuvres III).
Das ganze Mittelalter (und nicht nur das Mittelalter) behaup
tete: die religiösen Tatsachen stellen die wesentliche Basis, die