180
Das Wort und das Bild.
setzt. Es gibt keine christliche Antithese Gott und Mensch.
Christus ist Gott und Mensch zugleich, in zwei Naturen. Die
Diesseitsphilosophie ist ursprünglich gegen die hegel- und vor-
hegel’schen Abstraktionen gerichtet. Diese Abstraktionen aber
basieren auf dem Protestantismus; sie lassen die Vermittlung
zwischen Gott und Mensch, die Bildwerdung Gottes, die Kirche
außer acht.
*
Geist, Herz, Vernunft — alles fürs Volk; alles für die Emanzi
pation des Volkes, und zwar gerade des verelendeten, des sich
selbst überlassenen, verwahrlosten Volkes. Das ist eine edle
Parole. Nur möchte es in Zeiten wie der unsern, wo die letzte
Gewißheit untergraben ist und der ganze hoch aufgestapelte Luft
bau schwankt, nur möchte es da angebracht erscheinen, daß man
untersuche, worin denn Geist, Herz und Vernunft überhaupt be
gründet und garantiert sein mögen. Es ist doch sehr die Frage,
ob der ,natürliche', das heißt der ungebrochene Mensch in seiner
animalischen Gesundheit das Rechte und die Wahrheit überhaupt
erkennen kann.
*
15.VII. Die fama vulgans hat wie alle Gänse keine Kausalität; weil
unter Umständen ein Kalauer genügt, sie aufzuheben. Der Hegel-
sche Versuch, die göttliche Vernunft in der Profangeschichte zu
beschließen, ist eine unerhörte Lästerung, eine stumpfe Herab
würdigung der paulinischen Lehre von der Durchbrechung des
Fatums durch den Gottessohn. Der Geist, und jedes einzelne
Individuum, wenn es im Geiste und in der Form aufgeht, kann
aus der Geschichte machen, was ihm beliebt. Das ist christliche
Lehre; die Form hebt die Geschichte auf. Bei Hegel wird das
Fatum nur durch die Gnade des Fürsten unterbrochen. Die Kau
salität der Geschichte schaltet den freien Willen aus; damit aber
fällt die Freiheit Gottes selbst. Mit anderen Worten: Gott und