Das Wort und das Bild.
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und belächelt. Einstweilen, so scheint mir, sollte man die Romantik
eher schützen als bekämpfen; niemals im Lauf der Jahrhunderte
hat sie den Zusammenhang mit den älteren christlichen Idealen
preisgegeben. Baader und Qörres sind die direkte Fortsetzung
des alten katholischen Deutschtums. In ihnen sind Überreste der
einstigen Größe bewahrt geblieben. Baader war noch so mächtig,
den ersten Napoleon umzustürzen.
*
Weshalb ist die Romantik gerade in Deutschland so groß ge
worden? Weil es einmal ein heiliges Reich gab und weil darum
der Druck des protestantisch-preußisch-napoleonischen Mechanis
mus doppelt hart empfunden wurde. Die feineren, zarteren Geister
verzichteten auf den Versuch, soziale Geltung zu erlangen. Sie
wußten um Räume und Schwingungen, Hymnen und Höhen,
die in der Gesellschaft und im öffentlichen Leben seit
Friedrich und Napoleon keine Stätte mehr hatten. Der Aufsatz
des Novalis „Die Christenheit oder Europa“ und der „Hyperion“
des Hölderlin sind lehrreich in diesem Sinne. Die verdrängten
Empfindungen wenden sich zu fremden Völkern, zur Antike, zur
Magie, zum Satan; in alle Extreme und Schrullen, in alle un
bewußten Irrwege und Ersatzbereiche. Mit dem Sturz der pro
testantischen Monarchie würde auch die Romantik sich beruhigen;
die Geister würden mit mehr Aussicht versuchen, an Stelle der
verbrauchten reformatorischen Ideale den alten Zusammenhang
zu setzen.
*
Die Idee des natürlichen Paradieses — nur in der Schweiz hat 15. VIII.
sie geboren werden können. Die entrückteste Urwelt begegnet
hier dem lieblichsten Idyll, die eisige Schneeluft der Höhe dem
mildesten Glockentone des Südens. Die Schweiz ist die Zuflucht
all derer, die einen neuen Grundriß im Kopfe tragen. Sie war