Von Gottes- und Menschenrechten.
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seine Bedürfnisse eingerichtet und die ganze Veranstaltung ziele
nur auf den Vorteil seiner eigenen höchst wichtigen Person ab.
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Einheit und Wirklichkeit: das sind die beiden großen Worte
des 19. Jahrhunderts, die auch im 20sten fortwirken werden. Die
Art ihrer Deutung bestimmt den Rang des einzelnen und die
Physiognomie der Gesamtheit.
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„Antitheologisme“ und „Dieu et l’etat“ von Bakunin nehmen 18. IX.
den ganzen Nietzsche vorweg. Die Genealogie des Staates und
der Moral, die Untersuchungen über den Ursprung der Religion
sind bei B. sachlicher, klarer, weil auf die Gesellschaft be
zogen; Nietzsche philosophiert nur als Rentner und für sich selbst.
Beide sind von der zoologischen Auffassung Darwins beeinflußt:
Bakunin bereits 1864 (durch Nozin), Nietzsche erst 1870 (in
Basel). Beide sind Emigranten und schöpfen als solche aus
erster Quelle. Das Fehlen der Juristik bei Nietzsche ist eine
Entdeckung, die mich überrascht. Besonders einprägsam zeigt
sich die gar nicht ästhetische Fragestellung des Russen in „Anti
theologisme“ p. 177—179: ,Toute morale collective et indivi
duelle repose essentiellement sur le respect humain. Qu’enten-
dons-nous par respect humain? C’est la reconnaissance de
l’humanite, du droit humain et de l’humaine dignite en tout
homme, quelle que soit sa race, sa couleur, le degre de developpe-
ment de son intelligence et de sa moralite meme.‘ Er spricht
von der ,faculte, toujours vivante' des Menschen, ,de s’elever ä la
conscience de son humanite — pour peu que s’effectue un change
ment radical dans les conditions sociales'. Seine Absicht ist, in eine
auch das Elend umfassende universale Religion der Menschen
rechte den militärisch-bürokratisch-industriellen Gottesstaat auf
zulösen. Die Theokratie wird als eine Vergewaltigung des Men-