Full text: Die Flucht aus der Zeit

234 Von Gottes- und Menschenrechten. 
sitzlosigkeit keineswegs eine Naturgabe ist (sie widerstreitet der 
Natur), sondern täglich errungen sein will, so wird das schließliche 
Resultat dieser Kämpfe sein, daß in einer vielleicht nicht allzu 
fernen Zukunft die Asketen zwar herrschen werden, aber unter 
der strengsten Kontrolle der eifersüchtig Beherrschten. Das wäre 
immerhin eine andere Verfassung als das Mittelalter sie kannte, 
die Theokratie aber bliebe erhalten. 
* 
19.VII. Eine ungewöhnliche Form der Trennung von Kirche und Staat 
kennt Leon Bloy. Er sieht Leo XIII. das Interdikt schleudern 
über alle achtzig Kirchen Frankreichs, ein absolutes Interdikt 
,omni appellatione remota‘, bis zu der Stunde, wo ,dies ganze 
Volk schluchzend um Barmherzigkeit bäte*. Das ist Jehova und 
Israel. 
* 
31.VII. Daß Rasse nur durch das Gesetz, und zwar durch das reli 
giöse Gesetz garantiert wird, dafür sind die Juden als ein un 
sterbliches Beispiel den Rassetheoretikern zu empfehlen. Viel 
leicht werden orthodoxe Katholiken und Juden im Bunde einmal 
noch Deutschland aus seinem Sumpfe erretten. Ein Antisemit 
wie Marx, der den religiösen Charakter überhaupt negiert, ist 
der schlimmste, der sich denken läßt. 
* 
Die Einvernahme des Alten Testaments, und noch dazu des 
mißverstandenen, durch die Reformation ist eine höchst wichtige 
Sache. Sie begründete einen Bund des jüdischen Messianismus 
mit dem protestantischen Chauvinismus; alles aber, was die alten 
Juden geistig verstanden, haben ihre germanischen Schüler sehr 
bald ins Materielle gewendet. Als die Reformation von der idea 
listischen Philosophie mit Preußen verschweißt wurde, fand sich
	        
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