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Inzwischen ist mein Buch „Zur Kritik der deutschen Intelli- Bern,
genz“ erschienen. Ungefähr am Tage der Ermordung Liebknechts
kam es heraus. Das erste Exemplar brachte ich Emmy zu ihrem
Geburtstag ins Krankenhaus, wo sie an einer schweren Lungen
entzündung niederlag. Sie hatte hohes Fieber, erkannte mich
kaum, streichelte aber über das Buch, das ich ihr brachte und
lächelte auf eine schmerzliche Weise, als ob sie für immer Ab
schied nähme. Es war wenige Tage vor der Krisis. Der Arzt
wollte mir kaum erlauben, daß ich für einige Minuten das Zimmer
betrat.
*
Sehr bedauere ich, daß ich über der literarischen Arbeit ver
säumte, die aktuellen Ereignisse sorglicher zu notieren. Ich kann
überm Produzieren nur schwer etwas anderes tun. Auch war
*
es geboten, vorsichtig mit Aufzeichnungen zu sein, die manchen
diesseits und jenseits der Grenze Lebenden hätten gefährden
können. War es in jenen Tagen doch keineswegs unerhört,
daß man sogar auf Schweizer Boden in Privathäuser eindrang,
Schriftstücke stahl, beschlagnahmte oder photographierte. Der
Schriftleiter der F. Z. versicherte mir einmal allen Ernstes, daß
er in seinem Redaktionszimmer eines Morgens einen ganzen
Becher voll fremder Zigarrenasche vorfand, von einer gegneri
schen Nachtsitzung herrührend. Ein andermal wurde ihm von
der Berner Polizei eine Anzahl von Photos vorgelegt, welche die
inneren Geschäftsräume, Aktenmappen, Schriftstücke und der-