Volltext: Die Flucht aus der Zeit

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Von Gottes- und Menschenrechten. 
daß dieser Geheimbund die geistlichen und sittlichen Kräfte aller 
Individuen zu einer freien Humanität zu entwickeln, dem Natio 
nalismus aber und der Unterordnung aller unter den Staat ent 
gegen zu wirken habe. Auch Reimarus, den er herausgibt, ist 
in wichtigen Stücken Freimaurer. So erzählt er die alte 
gnostische Fabel vom Diebstahl des ,scheintoten' Christus, um 
die Auferstehung zu erklären. 
Zu Spinoza bekennt sich L. gelegentlich eines Besuches 
von seiten Fr. H. Jacobis. Jacobi ist einer der besten Spinoza 
kenner seiner Zeit und den namhaften Klassikern in dieser Kennt 
nis überlegen. Er versteht Spinoza sehr zutreffend als den Ver 
treter eines jegliche persönliche Religion vernichtenden Atheis 
mus und Fatalismus. ,Hen kai Pan', gesteht ihm Lessing, ,ich 
weiß nichts anderes.' Mit Spinoza gemeinsam hat er die Neigung 
zum Fatum und die Abneigung gegen einen der Natur als etwas 
Fremdem gegenüberstehenden Gott; die Abneigung gegen eine 
dualistische Auffassung, die Diesseits und Jenseits etwa getrennt 
halten möchte. 
Herder. 
Gilt als der Theologe der Sturm- und Drangperiode; einer 
Zeit also, in der aus England der Geniekult, der Kult des 
Originalen, Schöpferischen, die Shakespearomanie auf das Fest 
land herüberkam. Seine Berufung nach Schaumburg-Lippe führt 
ihn in eine Welt delikater Kontraste. Der Graf, der ihn berufen 
hat, ist eine Parallelfigur zu Friedrich II.; Inspirator der Scharn 
horst und Gneisenau. Die Gräfin dagegen ist strenge Pietistin. 
Zwischen Militär und Pietismus sucht Herder sich zu arrangieren. 
Als Literat tritt er für die heftigste Kritik an Kirche und Dogma, 
Ritus und Verfassung ein; als Aufseher (Bischof) der kleinen 
Grafenschaft plädiert er für ein rigoroses Staatskirchentum als 
Rückgrat der deutschen Volkskultur. Diese eigentümliche Spal
	        
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